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Kriegsende vor 75 Jahren

Luckenwalde, den 22. April 2020

Vor 75 Jahren endete der 2. Weltkrieg. Am 22. April 1945 nahm die Rote Armee Luckenwalde ein. Am 8. Mai 1945 erklärte das Oberkommando der Deutschen Wehrmacht die bedingungslose Kapitulation. Dieser Tag ging als offizielles Datum des Kriegsendes in Europa in die Geschichte ein. 

Es waren unter anderem Menschen aus Australien, Belgien, Estland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Irland, Jugoslawien, Kanada, Lettland, Niederlande, Polen, Rumänien, der Sowjetunion, Tschechoslowakei, Ungarn und den USA, die die Welt vom Nationalsozialismus und seinem verbrecherischen Regime erlösten. Angehörige dieser Nationen sind auch unter den Toten des Kriegsgefangenenlagers Stalag III A Luckenwalde zu finden.

Über 60 Millionen Menschen sind der nationalistischen Gewaltherrschaft und dem vor ihr entfesselten Krieg zum Opfer gefallen, mehr als sechs Millionen europäische Juden wurden ermordet. Tausende Sinti und Roma, Menschen mit Behinderung, politisch Andersdenkende und Homosexuelle wurden verfolgt und getötet. 17 Millionen Menschen waren verschollen. Weite Teile Europas waren zerstört.

Auch 75 Jahre danach sollte an die Opfer erinnert werden und daran, dass das Ende des Krieges nicht das Ende aller Gewalt und allen Unrechts bedeutete. „Denn der Krieg hat einen langen Arm. Noch lange, nachdem er vorbei ist, holt er sich seine Opfer“ (Martin Kessel).  Der 8. Mai 1945 darf nicht losgelöst vom 30. Januar 1933 – dem Tag der Machtübergabe an Hitler – betrachtet werden, dem Beginn der Gewaltherrschaft, die die Welt in die Katastrophe führte.  

Wir sind darin übereingekommen, zum Tag der Befreiung am 8. Mai 2020 eine Gedenkfeier auf dem Stalag-Friedhof ausrichten. Allerdings wird dies keine öffentliche Veranstaltung sein, denn der aktuellen Eindämmungsverordnung zur Coronabekämpfung folgend werden nur 20 Personen daran teilnehmen können.

Um auch anderen Menschen die Zeit des Nationalsozialismus, die Funktionsweise und Auswirkungen seines Terrorregimes zu beschreiben und Empathie für seine Opfer zu wecken oder zu erhalten, sollen persönliche Schicksale Einzelner in den Vordergrund gerückt werden, für die das Ende des Krieges bereits damals eine wirkliche Befreiung war.

In der kommenden Ausgabe der Pelikan-Post berichtet unser Museumsleiter Roman Schmidt über den kanadischen Kriegsgefangenen Anton Novak, der in seinem Tagebuch seine Eindrücke als Kriegsgefangener, als Befreiter und seine Wahrnehmung der „Stunde Null“ in Luckenwalde festgehalten hat.

In zwei Wochen ist ein Artikel der Historikerin Barbara Schieb zu lesen. Sie stellt Günter Naumann als Mitglied der Luckenwalder Widerstandsgruppe „Gemeinschaft für Frieden und Aufbau“ in den Mittelpunkt. Er befand sich in Haft und sah mit Bangen dem Volksgerichtshof-Prozess entgegen.

Schließlich berichtet Detlev Riemer, der seit Jahrzehnten der Geschichte der Luckenwalder Juden nachgeht, in der dritten Folge über die Luckenwalder Familie Boche. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die jüdische Mutter und ihre fünf halbjüdischen Kinder gelenkt. In deren Lebenswegen spiegeln sich Drangsalierung und Verfolgung wider, die mit der Befreiung ihr Ende fand. Zur ganzen Geschichte gehört, dass die Familie danach eine neue Tragödie erleiden musste.

Wir hoffen sehr, dass unser Umgang mit dem Jahrestag dazu beitragen kann, die Befürchtung Ingeborg Bachmanns „Die Geschichte lehrt dauernd. Aber sie findet keine Schüler“ zu widerlegen.

Jochen Neumann                                                                  Elisabeth Herzog-von der Heide   

Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung               Bürgermeisterin

 

22.04.2020