Übergabe Abfalllager Treuenbrietzener Tor

In den vergangenen vier Jahren hat das Land Brandenburg für über sechs Millionen Euro das illegale Abfalllager im Treuenbrietzener Tor beräumen lassen. Gestern wurde das Grundstück, das von einem gefährlichen Schandfleck zur nutzbaren Industriefläche geworden ist, an die Stadt übergeben. Ministerin Hanka Mittelstädt freute sich über die enorme Entwicklung von einer "jahrzehntelangen Belastung für Luckenwalde" zu "einem großen Pfund". Der erfolgreiche Abschluss sei ein Zeichen für die gute Zusammenarbeit von Land, Kreis und Kommune.

Bürgermeisterin Elisabeth Herzog-von der Heide bedankte sich für die Unterstützung und fasste die Herausforderung zusammen:

"Sehr geehrte Frau Ministerin, liebe Frau Landrätin, meine sehr geehrten Damen und Herren,

wie Sie sehen, sehen Sie nichts.
Das genau ist der Grund unseres Zusammenkommens. Wir feiern das sehr teure Nichts. Das, was nicht mehr hier ist, sondern da, wo es hingehört. Und das sind Deponien, Sondermülldeponien und Verbrennungsanlagen.
Kaum vorstellbar: Dieses riesige Areal in einer Größe von knapp 3 ha war mit Müll übersäht, Haufwerke waren unter freiem Himmel abgelagert. Die maroden Hallen waren bis unters Dach mit Bauschutt, Asbestplatten, Folien, verkohlten Stoffballen und anderem unsortierten Müll vollgestopft und sicherten so die Tragfähigkeit der Dachabdeckungen. Bäume wuchsen aus Abfallhaufen und hielten mit ihren Wurzeln Müll und Schutt fest umklammert. Doch die Wüste lebte. Denn Zauneidechsen und Fledermäuse hatten dieses Areal im Laufe der Zeit zu ihren Lebensräumen auserkoren.
Verantwortlich für diesen unverantwortlichen Zustand war der ehemalige Betreiber des Recyclingzentrum Luckenwalde Frank und Co. Das Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, in dessen Zuständigkeit die abfallrechtliche Überwachung lag, hatte gegen den Betreiber der Anlage bereits in 2001 eine bestandskräftige Verfügung zur vollständigen Beräumung aller Abfälle in den Hallen und Freiflächen auf dem Anlagengelände erlassen. Zur Durchsetzung dieser Verfügung wurde ein Zwangsgeld festgesetzt, das wegen der Privatinsolvenz des Betreibers nicht vollstreckt werden konnte. Ein erneuter Versuch 2013 ist wegen nicht vorhandenem Vermögen sowie einem sehr geringen Einkommen erneut gescheitert.

Am 01.09.2014 wendete sich die Stadt an das Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz und verlangte Auskunft darüber, wann mit der Beräumung der in- und außerhalb von Hallen gelagerten Abfallmengen zu rechnen sei. Das Landesamt antwortete, dass in 2013 für alle in Zuständigkeit des LUGV befindlichen, ehemaligen Anlagen eine Bestandsaufnahme durchgeführt wurde, um im Ergebnis einen Vorschlag für eine Prioritätenliste zur eventuellen Beräumung dieser Anlagen für das Land Brandenburg zu erstellen. „Im Ergebnis der vorläufigen Abschätzung der von der Anlage ausgehenden Umweltgefährdungen und sonstigen Gefahren ist die Anlage nicht an führender Stelle der Prioritätenliste eingeordnet worden. Es kann nicht von einer kurzfristigen Beseitigung der Anlage ausgegangen werden.“
Im Juli 2019 wendete sich Herr Dr. Stock als Vertreter des LfU an die Stadt und stellte in Aussicht, dass der Luckenwalder Fall nunmehr in seiner Behörde mit hoher Priorität behandelt werden könne. Voraussetzung für ein Tätigwerden des LfU sei jedoch, dass die Stadt Eigentümerin der Grundstücke werde. Die Stadt würde dann die Zusicherung des MLUL erhalten, als Grundstückseigentümerin (und damit auch Zustandsstörerin im Sinn des Ordnungsrechts) nicht für die Beräumung herangezogen zu werden. Der LfU-Vertreter schätzte ein, dass sich angesichts dieser Größenordnung der Prozess der Beräumung über mehrere Etappen und Haushaltsjahre des Landes erstrecken müsse. Das LfU habe die Leistungen europaweit auszuschreiben. Eine Zusicherung des „wann“ konnte jedoch nicht gegeben werden, da sich auch ein Minister nicht über den Haushaltsvorbehalt hinwegsetzen kann.
In 2021 verbesserten sich die Chancen für Luckenwalde. Ein mit höherrangiger Priorität eingestuftes Abfalllager musste zurückgestellt werden, weil es der dortigen Kommune nicht gelungen war, sich das Eigentum an der Fläche zu verschaffen. Die dafür bereitgestellten Mittel könnten hier eingesetzt werden. Das LfU würde die Ausschreibung der Entsorgungsleistung vorbereiten und damit die Mittel für Luckenwalde binden, wenn die Stadt noch in 2021 Eigentümerin der Grundstücke wurde.

In der Erkenntnis, dass der vorgeschlagene Weg die einzige realistische Möglichkeit ist, dieses „Müllgeschwür“ in der Stadt loszuwerden, wagte die Stadtverordnetenversammlung den mutigen Schritt und beschloss Anfang März 2021, die Bürgermeisterin zu ermächtigen, die Grundstücke vom Anlagenbetreiber und Eigentümer zum symbolischen Kaufpreis von einem Euro zu erwerben. Die Frist zum Eigentumserwerb bis Ende des Jahres erschien locker möglich. Doch der Eigentümer starb am 03.05.21, vor Abschluss des Kaufvertrags. Am 31.05. teilten uns die Erben mit, dass sie das Erbe ausgeschlagen hatten. Unser Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung verwendete sich dafür, dass das Amtsgericht zeitnah einen Nachlasspfleger bestellt, was am 07.06.2021 geschah. Sofort bekundete die Stadt ihr Interesse am Eigentumserwerb. Der Nachlasspfleger machte deutlich, dass er Zeit benötige, um sich Überblick über die Vermögenslage zu verschaffen. Dazu zählt, die Werthaltigkeit von Vormerkungen im Grundbuch zu überprüfen, den Sanierungsaufwand des kontaminierten Grundstücks einzuschätzen und in Relation zum Grundstückswert zu setzen. Die Kosten für derartige Aufwendungen sind aus dem Nachlass zu finanzieren. Stellt sich dieser als überschuldet heraus, ist die Beantragung einer Nachlassinsolvenz wahrscheinlich. Wenn der Nachlassverwalter die Veräußerung des Grundstücks an die Stadt für vertretbar hält, dann wird die Stadt die bis dahin entstehenden Kosten (z.B. Gerichts- und Nachlasspflegekosten, Gebühren und Gutachterkosten) zu erstatten haben. Die Stadtverordnetenversammlung reagierte schnell: Am 22.06.2021 wurden vorsichtshalber 50.000 EUR für den Grundstückserwerb vom Insolvenzverwalter zur Verfügung gestellt, aus denen die Verfahrenskosten beglichen werden konnten. Am 29. Juli wurde beim Amtsgericht Potsdam ein Antrag auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens gestellt. Am 31. August ordnete das Gericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens an, um zu ermitteln, ob Zahlungsunfähigkeit oder bereits eine Überschuldung des Nachlasses vorläge.
Der damit beauftragte Rechtsanwalt Buske zeigte großes Engagement an der Klärung. Auch ihm ist es zu verdanken, dass Peter Mann und ich noch am 22. Dezember 2021 den notariellen Kaufvertrag schließen konnten. Wir haben damit unser Versprechen, noch im Jahr 2021 Eigentümer zu werden, erfüllt.

Und ab jetzt kommen die Macher, die Männer und Frauen der Tat, ins Spiel. Auf Seiten des Landesamtes ist Herr Fiebig der Mann vor Ort, der die Fäden in der Hand hält, zu nennen. Von Seiten der Stadt wurde mein Kollege Frank Dunker zu unserem Interessenanwalt der gemeinsamen Sache. Er organisierte z. B. mit der Feuerwehr, unserem Bauhof und dem THW eine Übung in Sachen Baumfällungen für den 13. Februar 2022. Auf diese Weise gelang es noch, innerhalb der zulässigen Frist von Oktober bis Februar, das Beräumungsfeld von den aufgewachsenen Bäumen und Sträuchern freizumachen. Neben dem klassischen Geschäft der professionellen Abfallberäumung, das den eingesetzten Ingenieurbüros und Fachfirmen zu danken ist, mussten Flächen für Waldersatzpflanzungen gefunden werden und ebenso neue Habitate für die Zauneidechsen und Fledermäuse. Auch hier hat sich die Zusammenarbeit zwischen dem LfU, der Stadt und der Unteren Naturschutzbehörde als sehr lösungsorientiert erwiesen.
Dass das Abfalllager Treuenbrietzener Tor von seinen Altlasten – über 25.000 t Müll - beräumt wird, ist für mich eine der größten Wohltaten für die Stadt. Sehr geehrte Frau Ministerin, ich danke Ihrem Haus und seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, dass sie das heiße Eisen angefasst und sich mit Millioneneinsatz des Landes um eine fachgerechte Beräumung und Entsorgung kümmerten und so verlässlich und kontinuierlich Abschnitt für Abschnitt in Ordnung bringen ließen.
Ich danke auch den Anliegern für ihre Geduld, die Geräusch- und Staubentwicklung auszuhalten, die nun einmal zwangsläufig entstehen, wenn auf über 1.000 Sattelschlepperfuhren, Müll aufgeladen und abtransportiert wird.
Der beschriebene Prozess bestätigt die Erkenntnis Wilhelm Buschs: „Ausdauer wird früher oder später belohnt – meistens aber später.“
Umso schöner, wenn dann ein Ziel endlich erreicht ist und sich die Stadt nun darum kümmern kann, diese Fläche als Ansiedlungsfläche im Industriegebiet zu vermarkten. Die Verkaufserlöse werden an das Land abgeführt abzüglich unserer Aufwendungen."

Seite drucken | Autor: Sonja Dirauf | zuletzt geändert am: 30.04.2025