Stadtrundgänge zum Tag der Baukultur
„Tanzende Fenster“ und „Glotzköpfe“ – Hinschauen lohnt sich! Dr. Turit Fröbe öffnete die Augen der 50 Besucher, die am Tag der Baukultur an einer der drei geführten Stadtexkursionen teilnahmen. Zum Programm gehörte es, anhand der Fenster eines Gebäudes, der Form und der verwendeten Materialen die Bauepoche zu erkennen, in der es entstanden ist. Das von der Architekturhistorikerin verfasste Bestimmungsbuch für moderne Architektur stand jedem Teilnehmer zur Verfügung und half ihm, seine eigenen Erkenntnisse zu gewinnen und die scheinbar vertraute Luckenwalder Häuserlandschaft neu und in ihrer Epochenvielfalt zu entdecken. Genauso spannend war der offene Austausch in den jeweiligen Gruppen, in denen keiner mit seiner Meinung hinter dem Berg hielt, aber auch offen für andere Standpunkte war. Frau Dr. Fröbe ließ übrigens die Gruppe entscheiden, welche Häuser näher unter die Lupe genommen werden sollten.
Um 11 Uhr startete der erste Rundgang am Bahnhof und kam nicht weiter als bis zur Poststraße. Denn die dort vorgefundenen Häuser übten bei näherer Betrachtung eine besondere Faszination aus. Die Zuordnung zur jeweiligen Bauepoche gelang unter sachkundiger Anleitung schnell, doch auch die Entdeckungen einmaliger Gestaltungselemente weckten Neugierde auf die Bauherren und den Nutzungszweck der zum Teil sehr repräsentativen Gebäude.
Beim zweiten Rundgang erschraken zunächst einige Teilnehmende. Eine Bildungsveranstaltung mit Lehrbuch als sonntägliche Freizeitbeschäftigung? Anderthalb Stunden später und nur knapp 400 m weiter stellten alle fest, dass Bildung richtig Spaß machen kann. In der Theaterstraße stehen herausragende Beispiele für Expressionismus, Jugendstil und Neues Bauen fast direkt nebeneinander. Diese wurden gründlichst begutachtet und diskutiert. Herzlichen Dank hier an Herrn Dr. Kugler, der die Gruppe spontan auf sein Grundstück ließ, damit auch die Rückseite studiert werden konnte. Er bestätigte die unter Anleitung von Frau Dr. Fröbe von der Gruppe erarbeiteten Erkenntnisse weitgehend.
Beim dritten Rundgang, der an der Akademie für Gesundheitsberufe in der Kurzen Straße startete, war der Altbau der ehemaligen Steinschule und sein Anbau in Sichtbeton selbst der Gegenstand einer munteren und kontrovers geführten Diskussion. Am benachbarten Hospiz wurden die tanzenden Fenster ausgemacht und am ehemaligen „Wintergarten“ an der Rudolf-Breitscheid-Straße die Glotzköpfe. Verwundert rieben sich die Stadtspaziergänger die Augen, als sie an dem Gebäude eines Elektrofachgeschäfts, an dem sie schon hundert Mal vorbeigegangen waren, auf einmal die Merkmale der expressionistischen Bauepoche entdeckten.
Dass diese Form der Stadtspaziergänge ankam, zeigte sich daran, dass einige Teilnehmer sich spontan entschlossen, gleich den nächsten Rundgang auch noch mitzumachen.