Stand-, Wand- und Bodentafeln

Gedenktafel für die „Gemeinschaft für Frieden und Aufbau“

Tafeltext: „1943 und 1944 kreuzten sich am Luckenwalder Bahnhof die Wege vieler Beteiligter der Widerstandsgruppe „Gemeinschaft für Frieden und Aufbau“. Untergetauchte Juden kamen hier an, und tausende Flugblätter wurden von hier aus in andere Städte gebracht.
Hans und Frida Winkler, Werner Scharff, FanciaGrün, Fritz Arndt, Georg Brachmüller, Hilde Bromberg, Anja, Julius und Eugen Friede, Ilse und Gerhard Grün, Lucie und Paul Hitze, Gertrud und Arthur Joachim, Paul Kräge, Henry Landes, Günter Naumann, Paul Rißmann, Paul und Ida Rosin, Michael Schedlbauer, Alfred Stein, Paul Thiele.“

Die „Gemeinschaft für Frieden und Aufbau“ war eine Luckenwalder Widerstandsgruppe gegen das NS-Regime. In ihr waren Menschen verschiedener Weltanschauungen mit dem Ziel vereint, ihre Mitbürger zum Widerstand gegen Krieg und nationalsozialistische Gewalt zu ermutigen. Die Gruppe verbreitete in Luckenwalde und Berlin Flugblätter, versteckte jüdische Flüchtlinge und stellte Spitzeln Femeurteile zu. Ende 1944 wurden fast alle Mitglieder verhaftet. Die meisten überlebten das Kriegsende im Gefängnis. 

Die Tafel befindet sich vor dem Eingang der Stadtbibliothek, dem ehemaligen Bahnhof, auf dem Bahnhofsvorplatz. Am 4. März 2004 wurde sie in Anwesenheit von Zeitzeugen enthüllt:  Einweihung der Gedenktafel für die Luckenwalder Widerstandsgruppe »Gemeinschaft für Frieden und Aufbau"

Hans und Frida Winkler wurden vom Staat Israel 2008 posthum als "Gerechte unter den Völkern" geehrt: Ehrung für Hans und Frida Winkler (posthum)

Gedenktafel für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft

Tafeltext: "Den Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft zum ehrenden Gedenken. Die Bürger der Stadt Luckenwalde"

Die alljährliche Gedenkveranstaltung am Holocaustgedenktag, 27. Januar, in Luckenwalde findet im Rathausfoyer unter dieser Inschrift statt (einstimmiger Beschluss des Hauptausschusses vom 7. Dezember 2010). In den Jahren 2022 und 2023 fand die Gedenkveranstaltung aufgrund des Rathausumbaus rund um die Gedenkplatte für die Mitglieder der Widerstandsgruppe „Gemeinschaft für Frieden und Aufbau“ vor der Bibliothek im Bahnof statt.


Gedenktafel Jüdische Gemeinde

Tafeltext: "1753 durften sich auf Grund eines königlichen Schutzbriefes zwei Juden - Salomon Hirschel und Abraham Moses - mit ihren Familien dauerhaft in Luckenwalde niederlassen. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts lebten in der Stadt vier oder fünf jüdische Familien. Das Hardenbergsche Edikt von 1812 verbesserte die rechtliche Stellung der Juden in Preußen; die volle bürgerliche Gleichberechtigung blieb ihnen aber weiterhin vorenthalten.
Am 2. September 1869 gründeten die Luckenwalder Juden ihre Synagogen-Gemeinde und erbauten 1897 ihre Synagoge. Das Grundstück hatte der Hutfabrikbesitzer Moritz Herrmann der Gemeinde überlassen. Die Einweihung des Gotteshauses wurde am 4. Oktober 1897 unter großer Beteiligung der Öffentlichkeit gefeiert.

Bei der Entwicklung Luckenwaldes zur Industriestadt seit Mitte des 19. Jahrhunderts spielten jüdische Unternehmer und Kaufleute eine bedeutende Rolle. Nathan Marcus, Georg Pariser, Carl Goldschmidt und Gustav Bauchwitz machten sich als Stadträte um die Stadt verdient, der Arzt Dr. Hermann Salomon war von 1930 bis 1933 Erster Bürgermeister.*
1918 gehörten der Synagogen-Gemeinde 44 beitragspflichte Mitglieder an, darunter 12 Fabrikbesitzer, 19 Kaufleute, 5 Ärzte und 3 Gutsbesitzer. Zusammen mit den Familienangehörigen umfasste die Gemeinde ca. 120 Personen. Die Gemeinde war deutlich in soziale Schichten geteilt: Sie bestand aus wohlhabenden Fabrikanten und Angehörigen des Mittelstands; im Ersten Weltkrieg kamen Textilarbeiter aus dem Osten dazu. Es war eine der Welt zugewandte, moderne Gemeinde.

Anfang 1933 begann unter dem Nationalsozialismus auch in Luckenwalde die Entrechtung, Ausgrenzung und Verfolgung der Juden. Die Presse hetzte gegen sie, SA und HJ verbrannten auf dem Marktplatz Bücher. Die örtlichen Naziführer nötigten die Bevölkerung zum Boykott jüdischer Geschäftsleute und zwangen Bürgermeister Salomon zum Amtsverzicht. Rudolf S. Mosse und Leo Schneider wurden in Berlin ermordet. Bereits bis zum Beginn des Krieges waren die meisten Luckenwalder Juden vertrieben.
Sie emigrierten u. a. nach Palästina, England, Frankreich, in die USA oder auch Südamerika. Während des Novemberpogroms wurde die Synagoge am 19. November 1938 geschändet und ihr Innenraum völlig verwüstet. Die heiligen Schriften wurden entweiht und verschwanden mitsamt dem Archiv der Gemeinde. Der Befehl der SS, die Synagoge niederzubrennen. konnte wegen der angrenzenden Wohnhäuser nicht ausgeführt werden.

Die jüdischen Männer wurden in das KZ Sachsenhausen deportiert und zur Aufgabe ihres Vermögens gezwungen. Nach Zahlung einer Geldsumme kamen sie mit der Auflage frei, Deutschland unverzüglich zu verlassen. 1939 lebten in Luckenwalde nur noch 18 meist ältere Juden. Eine Gemeinde im religiösen Sinne bildeten sie nicht mehr. Die meisten von ihnen fielen dem nationalsozialistischen Rassenwahn in den Kriegsjahren zum Opfer."

Das Merkzeichen befindet sich vor der ehemaligen Synagoge der jüdischen Gemeinde in der Puschkinstraße 38. Auf der Tafel wird auch aller Holocaust-Opfer gedacht, die einmal zur hiesigen jüdischen Gemeinde gehört haben.

Merkzeichen für die Jüdische Gemeinde enthüllt

Gegen Abend des 19. Februar 2008 wurde die Erinnerungstafel für die Jüdische Gemeinde vor der ehemaligen Synagoge in der Puschkinstraße enthüllt.
Bürgermeisterin Elisabeth Herzog-von der Heide begrüßte die Anwesenden herzlich zur Einweihung des 1. Merkzeichens an einem symbolträchtigen und stadtgeschichtlich bedeutendem Ort: „Die Juden Luckenwaldes, die während der Schoah systematisch entrechtet, verfolgt, in den Tod getrieben oder ermordet wurden, haben keine Grabsteine. Sie wurden wahrscheinlich nicht einmal bestattet und niemand weiß, wo ihre sterblichen Überreste sind. Herrn Pfarrer Riemer ist es zu verdanken, dass wir wenigstens ihre Namen kennen und mit der Verewigung dieser Namen auf dem ersten Merkzeichen jedes Einzelnen individuell gedenken können. An die Katastrophe des Holocausts müssen wir uns immer erinnern.“ So die Bürgermeisterin und hofft, „dass wir mit diesem Luckenwalder Merkzeichen vor der ehemaligen Synagoge dazu beitragen, ein richtiges Stück Erinnerungsarbeit zu leisten."

Daran knüpfte Dr. Peter Fischer vom Zentralrat der Juden Berlin an. Mit diesem Merkzeichen werden Informationen über die Juden und ihr Schicksal in die Öffentlichkeit getragen. In der heutigen Gesellschaft ist es problematisch, Bürgersinn für diese Menschen und ihr Unheil zu entwickeln. Dass es jüdisches Leben einmal in Luckenwalde gegeben hat, daran erinnert heute um so mehr diese Tafel. Für das Engagement um den Erhalt an das Gedenken jüdischer Mitbürger bedankte sich Dr. Fischer bei der Stadt Luckenwalde.

Unter den Gästen waren auch Ruth Kühne-Winkler und Eugen Herman-Friede. „Morgen wird in einer Gedenkstunde in der Israelischen Botschaft an die Luckenwalder Hans und Frida Winkler erinnert. Ihnen wurde vor kurzem posthum die Auszeichnung  »Gerechte unter den Völkern« verliehen, die höchste Auszeichnung, die Israel an Nichtjuden vergibt. Hans und Frida Winkler gehörten der Widerstandsgruppe Gemeinschaft für Frieden und Aufbau an. Sie und weitere Mitstreiter setzten ihr Leben ein, um verfolgte Juden zu retten, aber auch um mit riskanten Flugblattaktionen für das Ende des Krieges und den Sturz der mörderischen Diktatur zu kämpfen. Ich freue mich, dass die Tochter der beiden Ruth Kühne-Winkler und Eugen Herman-Friede, der zu den Geretteten gehört, auch heute hier bei uns sind.“, so die Bürgermeisterin.

Werner Buys (l.) und Wera Zeller (3. v. r.), eine der wenigen Zeitzeugen, die noch aus eigenem Erleben über den Alltag jüdischer Luckenwalder berichten können, enthüllten die Tafel. 

(Aus der Veröffentlichung im Amtsblatt für die Stadt Luckenwalde Nr. 5 vom 04.03.2008.)

* sh. auch Ehrenbürger und bekannte Luckenwalder

Gedenktafel NKWD-Dienststelle Burg

Tafeltext: "In der Villa Burg 29 a befand sich nach dem Ende des 2. Weltkrieges der Verhörkeller der sowjetischen Geheimpolizei NKWD. Hier wurden neben mutmaßlichen NS-Verbrechen zahlreiche willkürlich denunzierte Luckenwalder Personen inhaftiert, darunter auch Sozialdemokraten und oppositionelle Kommunisten. Sie wurden in stalinistische Lager, vor allem nach Ketschendorf bei Fürstenwalde, weitertransportiert. Viele von ihnen kamen ohne jegliche gerichtliche Untersuchung in diesen Lagern um."


Merkzeichen Befreiungskriege

Tafeltext: Befreiungskriege - Hier starben am 20. August 1813, drei Tage vor der Schlacht von Großbeeren, bei einem Scharmützel neunzehn auf französischer Seite kämpfende Soldaten und zehn mit Preußen verbündete Kosaken.

Hermann Hahn berichtet 1917 in seinem Buch „Luckenwalde in frühen Kriegstagen“  darüber: „Am 20. August 1813, um 6 Uhr nachmittags knatterte es plötzlich vor dem Trebbiner Tore. 2.000 Kosaken waren herbeigeeilt und griffen lebhaft an. Die Franzosen gerieten in Kopflosigkeit und Unordnung, und Hunderte von Kavallerien sprengten durch die Stadt. Allein die Bayrische Infanterie wich nicht zurück, und in ihrem Feuer mussten die Kosaken abziehen. Im Ganzen fanden bei dem Gefecht 19 Franzosen, d. h. tatsächlich waren es mit Napoleon verbündete Bayern und Württemberger, sowie 10 Kosaken den Tod.“ 

Das Merkzeichen sowie der Gedenkstein befinden sich an der Ruhlsdorfer Chaussee, Ortsausgang Luckenwalde. 

Merkzeichen Verfolgte des Nationalsozialismus

Erwin Münchow
Schulrektor
19.06.1888 Berlin 
02.10.1973

Erwin Münchow, aus Wittenberge gekommen, leitete von 1028 bis 1933 als Rektor die erste weltliche Schule in Luckenwalde, die 1930 in der heutigen Friedrich-Ebert-Grundschule einzog. Als aktiver Sozialdemokrat trat er für die Jugendweihe ein. 1933 wurde er aus dem Schuldienst entfernt und war bis 1933 in mehreren Konzentrationslagern inhaftiert.
Nach 1945 wieder als Rektor im Schuldienst tätig, gehörte er ab 1949 dem Stadtrat von Dortmund und von 1950 bis 1954 dem Nordrhein-Westfälischen Landtag an.            

Hermann Salomon           
Arzt und Bürgermeister
04.09.1888 Gotha           
14.05.1970 Neuilly-sur-Seine

Dr. Hermann Salomon, Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie, ließ sich 1919 als Arzt in Luckenwalde nieder. Er war SPD-Stadtverordneter, Stadtrat und von 1930 bis 1933 Erster Bürgermeister. 1933 wurde er von den Nationalsozialisten gezwungen, sein Amt niederzulegen. Danach war er wiederholt, zuerst im KZ Sachsenhausen, inhaftiert. Dr. Salomon emigrierte 1937 nach Jugoslawien, arbeitete als französischer Kolonialarzt in Afrika und lebte nach dem Krieg in Frankreich.

Willy Albert Scholz  
Hutmacher und Vorsitzender der KPD in Luckenwalde
22.10.1889 Luckenwalde 
20.02.1945 KZ Bergen-Belsen                                                                                                             

Willy Scholz war Mitbegründer und 1920 bis 1933 Vorsitzender der KPD Luckenwalde, auch gehörte er der Stadtverordnetenversammlung und dem Kreistag an. 1924 gründete er die Luckenwalder Ortsgruppe des Rotfrontkämpferbundes und 1930 den Kampfbund gegen Faschismus. Ab 1932 gab er die Zeitung „Der Industrieprolet“ heraus. Seit 1933 wurde Scholz mehrfach, u. a. im KZ Sachsenhausen, inhaftiert und kam 1945 im KZ Bergen-Belsen um.

Otto Starsoneck     
Tischler       
22.08.1889
23.08.1942 Luckenwalde                                                                                                                             

Otto Starsoneck war Kassierer der „Roten Hilfe“ in Luckenwalde. Weil er seine Arbeit trotz Verbots der Organisation fortsetzte, wurde er im Oktober 1933 verhaftet, zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt und in Berlin-Plötzensee eingesperrt. Er starb 1942 an den Folgen der Haft.

Konstantin Alois Arno Ertner
Maschinenbauingenieur   
03.04.1904 Luckenwalde         
15.02.1943 KZ Dachau

Arno Ertner wurde 1941 in der Norddeutschen Maschinenfabrik wegen Verbreitung der Predigtbriefe des Bischofs von Galen gegen die Euthanasie verhaftet. Sein Leidensweg führte über das Polizeigefängnis in Potsdam und das KZ Sachsenhausen in das KZ Dachau, wo er 1943 umkam.

Franz Fritz Ernst Kloß       
Böttcher und Sportler           
04.09.1907 Luckenwalde                       
12.04.1933 Luckenwalde

Ernst Kloß boxte erfolgreich in dem der KPD nahestehenden Rotsport-Verein. Im April 1933, nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten, fand in Luckenwalde ein Standarttreffen von 1.200 Vertretern der SA und der Hitler-Jugend statt, in dessen Folge SA-Männer Kloß verprügelten, verfolgten und ihm auf offener Straße tödliche Schussverletzungen beibrachten. Obwohl Polizisten zeugen dieses Verbrechens waren, wurden die Täter nicht ermittelt und die Untersuchungen bereits 18 Tage später eigestellt.

Die Merkzeichen befinden sich am Marktplatz zwischen Rathaus und HeimatMuseum (zurzeit wegen der Rathaussanierung abgebaut). 

Verlegte Stolpersteine

Burg 30

Verlegung am 9. November 2023

Herr Siegbert Lewy, Jahrgang 1882, gestorben 1957

Frau Else Lewy, Jahrgang 1892, geborene Silber, gestorben 1978

Herr Kurt Lewy, Jahrgang 1919, gestorben 2005

Siegbert Lewy stammte aus Neutomischel, einer kleinen, damals preußischen Kreisstadt in der Provinz Posen. Seine Frau Else war Berlinerin. Auch der Sohn Kurt war in Berlin geboren, verlebte aber seine Kindheit und Jugend in Luckenwalde.

Siegbert Lewy trat 1919 als Gesellschafter in die Hutfabrik Max Basch ein. Später war er Alleininhaber der Firma, die aber bis 1938 weiterhin den Namen „Max Basch“ führte. Er war der letzte Vorsitzende der Luckenwalder Synagogen-Gemeinde. In dieser Eigenschaft hatte er im März 1939 die traurige Aufgabe, die Synagoge in der Carlstraße (heute Puschkinstraße), die in der Pogromnacht vor 85 Jahren geplündert worden war, an die Stadt zu verkaufen – der Gemeinde blieb keine andere Wahl.

Von Else Lewy bewahrt die Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem einen kurzen Briefwechsel mit dem Central-Verein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens auf, der einen aufschlussreichen Einblick in die Situation der Luckenwalder Gemeinde am Ende des Jahres 1931 gestattet.

Vater und Sohn wurden während des Novemberpogroms 1938 verhaftet und zusammen mit anderen Juden der Stadt nach Sachsenhausen gebracht. Kurt Lewy wurde im Dezember aus dem KZ mit der Auflage entlassen, innerhalb von 30 Tagen Deutschland zu verlassen. Mit Glück und dank verwandtschaftlicher Beziehungen gelang ihm am 25.01.1939 die Ausreise, die eigentlich eine Flucht vor dem Terror war, nach England.

Siegbert Lewy und seine Frau brauchten noch bis Ende August 1939, um die Firma abzuwickeln, die Gebäude zu verkaufen und die verlangte Vermögensabgabe und Reichsfluchtsteuer zu bezahlen – ein Weg voller bürokratischer Schikanen, die darauf abzielten, das jüdische Vermögen dem Deutschen Nazireich einzuverleiben. Sie retteten sich nach Amsterdam, kamen aber auf Drängen des Sohnes ebenfalls nach England - gerade noch rechtzeitig einen Tag vor dem Ausbruch des Krieges am 1. September.

Im Mai 1940 ist Kurt nach Amerika ausgewandert. Auf dem Schiff von Liverpool nach New York lernte er seine zukünftige Frau kennen. Beide haben noch im gleichen Jahr geheiratet; sie blieben länger als 54 Jahre verheiratet. Nach dem Krieg sind Siegbert und Else Lewy ihrem Sohn in die USA gefolgt. Ihren Lebensabend verbrachten sie in Kalifornien in der Nähe ihrer Kinder und Enkel.

Kurt Lewy, der sich in Amerika Curt Lewis nannte, hat 1994 eine Tonbandkassette besprochen – ein einmaliges Dokument mit Erinnerungen an seine Eltern, an Luckenwalde, an die Jüdische Gemeinde und an seinen eigenen bewegten Lebensweg.

Quelle: Pfarrer Detlev Riemer a. D.


Grünstraße 25

Verlegung am 9. November 2022

Herr Kurt Guttfeld, Jahrgang 1907, Schutzhaft 1938 Sachsenhausen, Flucht 1939 England

Frau Else Guttfeld, geborene Haas, Jahrgang 1906, Flucht 1939 England

Frau Regina Guttfeld, Jahrgang 1939, Flucht 1939 England

Kurt Guttfeld wurde 1907 in Luckenwalde als jüngstes von drei Kindern des jüdischen Ehepaares Max und Louise Guttfeld geboren. Drei Wochen nach Kurts Geburt starb die Mutter der drei Geschwister am Kindbettfieber; sie war erst 36 Jahre alt. 1909 heiratete der Vater wieder. Die zweite Frau, Hedwig, starb 1921, zwei Wochen vor Kurts 14. Geburtstag. Der Vater hat nach einem Trauerjahr ein drittes Mal geheiratet. Kurt Guttfeld erlernte den Beruf eines Elektromonteurs. Sein Arbeitgeber war die Firma Gebr. Bartzik in der Triftstraße. Dort wurden Kunststoff-Spritzautomaten hergestellt. Im März 1933 war die Familie – die Eltern, die drei nun erwachsenen Kinder Hilde, Heinz und Kurt mit ihrem Partner bzw. ihren Partnerinnen und die Stiefschwester Ilse – zum letzten Mal in Luckenwalde zusammen. Wenig später sind alle bis auf zwei nach Palästina ausgewandert. In Luckenwalde zurück blieben Kurt und seine Verlobte Else.

Im September 1934 heirateten Kurt Guttfeld und Else Haas. Sie entstammte einer nichtjüdischen Familie. Vier Jahre nach der Hochzeit erwartete das Ehepaar Guttfeld ein Kind. Als im November 1938 der deutschlandweite Pogrom angezettelt wurde, war Else Guttfeld im zweiten Monat schwanger. Kurt Guttfeld hat in mehreren Briefen aus eigenem Erleben von der Verhaftung und Drangsalierung der jüdischen Männer berichtet. Er wurde am 11. November auf der Arbeit von der Gestapo festgenommen und zunächst in eine Polizeizelle des Rathauses gebracht. Nach einigen Tagen wurden er und die anderen Inhaftierten zur Gestapo nach Potsdam und von dort ins Konzentrationslager Sachsenhausen gefahren. Schon das Lagertor mit der Aufschrift ‚Arbeit macht frei‘ ließ nichts Gutes erahnen. „Alles musste im Laufschritt gemacht werden. Zu einer Auskleidebaracke, dann zum Doktor, zum Kahlscheren des Kopfes, danach zum Ankleiden in eine alte Eisenbahneruniform und zur Registrierung. Meine Nummer war 13 143. Zuletzt kamen wir in eine Baracke, wo ungefähr 300 von uns wie Sardinen auf ein Strohlager reingezählt wurden. In den folgenden Tagen lernten wir viel, hauptsächlich wie man im KZ überleben kann. Man darf nie die Aufmerksamkeit verlieren und nie auffallen. Da ich weder fett noch dünn, weder zu groß noch zu klein war, war es nicht zu schwer in der Masse zu verschwinden. Es folgten drei Monate von Hunger, Kälte, schwerer Arbeit und grausamer Behandlung... 
Die Mehrzahl der Häftlinge arbeitete in einem Klinkerwerk, einer großen Baustelle an einem Kanal und einem im Bau befindlichen Hafen. Wenn keine Kähne zu entladen waren und es weder Zement, Sand oder Steine zu tragen gab, wurden wir als ‚laufendes Band‘ beschäftigt. Mit unseren Jacken nach hinten zugeknöpft, formierten wir uns zu einem Karussell, erhielten eine Schaufel Sand in den Jackenschoß und entleerten den Schoß am anderen Ende. Wenn es dem wachhabenden SS-Mann zu langweilig wurde, nahm er die Schaufel und warf uns den Sand ins Gesicht.
Diese Ereignisse sind nur einige Beispiele aus meinen eigenen Erfahrungen.“

Wer aus Sachsenhausen entlassen wurde, musste Deutschland so schnell wie möglich verlassen. Glücklicherweise bekam Kurt Guttfeld einen Platz in einem englischen Flüchtlingslager und reiste am 11. April 1939 aus. Die Aufregungen bewirkten bei Else Guttfeld eine Frühgeburt. Mit ihrem acht Wochen kleinen Kind konnte sie dann ihrem Mann folgen und ebenfalls nach England auswandern. Kurt Guttfeld resümiert: „Es ist erstaunlich, wie viele Gesichter der Vergangenheit zurückkommen, wenn man in seiner Muttersprache denkt. Wie tief der Antisemitismus auch in unserer Stadt eingegraben war und nur auf einen Hitler gewartet hat, zum Ausbruch zu kommen.“ 

Quelle: Pfarrer Detlev Riemer a. D.


Parkstraße 73

Verlegung am 20. September 2021

Herr Julius (Joel) Steinhardt, Jahrgang 1882, Flucht 1939 Palästina, gestorben 1943 Tel Aviv

Frau Malka Ester Steinhardt, geborene Schaffer, Jahrgang 1890, Flucht 1939 Palästina, gestorben 1950 Tel Aviv

Herr Max Steinhardt (Mordechai Shoham), Jahrgang 1920, Flucht 1935 Palästina, Todesdatum unbekannt

Herr Willi Steinhardt (Seew Shoham), Jahrgang 1915, Flucht 1934 Holland, Flucht 1937 Palästina, gestorben 1986 Safed, Israel

Herr Karl Heinz Steinhardt (Chaim Shoham), Jahrgang 1925, Flucht 1939 Palästina, gestorben 1995 Givataim, Israel

Julius Steinhardt und seine Frau Malka Ester stammten aus Galizien (Österreich-Ungarn). Sie hatten kurz vor dem Ersten Weltkrieg in Nowawes (heute Potsdam-Babelsberg) geheiratet und ließen sich in Luckenwalde nieder. In der Parkstraße 73 betrieb das Ehepaar ein Abzahlungsgeschäft für Möbel und Herrenbekleidung unter der Firma S. Lubascher. Die Wohnung befand sich in einem der oberen Stockwerke. Julius Steinhardt war von 1923 bis 1930, vielleicht sogar bis 1939, in leitenden Funktionen der Synagogen-Gemeinde tätig. Der jüngste der Söhne schrieb über seinen Vater: „In der Gemeinde hatte mein Vater das Amt des Kassierers inne, was nicht sehr viel besagt, denn die Kasse war meist leer. Doch kein bedürftiger jüdischer Durchreisender, und solche gab es damals viele, ging leer aus – meistens dank der privaten Tasche meines Vaters.“

In Luckenwalde wurden dem Ehepaar drei Söhne geboren: Willi (1915), Max (1920) und Karl Heinz (1925). Der Älteste erhielt 1933 in der Friedrichschule das Abitur. Er war ein ausgezeichneter Geigenspieler. Gleich nach Errichtung der NS-Herrschaft hatte er beschlossen, nach Palästina auszuwandern, musste aber zunächst einen „Freiwilligen Arbeitsdienst“ ableisten. 1934 ging er nach Holland; dort heiratete er. 1937 gelangte er zusammen mit seiner Frau Ester endlich nach Palästina. Dort arbeitete er in einem Kibbuz, wurde 1948, nach der Gründung des Staates Israels, Major in der Armee und war zuletzt Lehrer für Naturwissenschaften. Er starb 1986.

Max besuchte die Friedrichschule bis zur Mittleren Reife. Er war ein leidenschaftlicher Fußballspieler. 1935 bekam er ein Schüler-Zertifikat für die Einreise nach Palästina. Die zionistische Bewegung ermöglichte ihm und anderen Gleichaltrigen die Ausreise. In einem Kibbuz lernten die Jugendlichen und arbeiteten halbtags in der Landwirtschaft. In der Werkstatt des Kibbuz qualifizierte sich Max zum Traktoren- und Automechaniker.

In Luckenwalde blieben die Eltern mit Karl Heinz, ihrem jüngsten Sohn, zurück. Karl Heinz Steinhardt, der sich später in Israel Chaim Shoham nannte, war der erste Briefpartner von Detlev Riemer (ehemaliger Luckenwalder Pfarrer) zum Thema jüdische Lokalgeschichte. Als Zeitzeuge hat er von seiner Familie und ihrem Schicksal, aber auch von anderen jüdischen Familien in Luckenwalde, berichtet. Unser umfangreicher Briefwechsel begann 1987 und endete mit seinem Tod 1995.

Als Schüler hatte er unter der Judenfeindschaft seiner Lehrer und Mitschüler zu leiden. Seine Bar Mizwa feierte der Dreizehnjährige Ende September 1938 in der Luckenwalder Synagoge; es war einer der letzten Gottesdienste vor der Verwüstung des Gotteshauses. Wohl schon vor dem Novemberpogrom musste Julius Steinhardt sein Geschäft in die Trebbiner Straße 21 verlegen. Dort war der letzte Wohnsitz der Familie, aber er war nicht freiwillig, sondern unter Zwang gewählt.

Chaim Shoham erinnert sich an die Ausreise: „Meine Eltern und ich verließen Luckenwalde am 28. Februar 1939 und kamen am 9. März 1939 praktisch mittellos in Haifa an. Dort wurden wir von meinen Brüdern und einer Schwester meiner Mutter, die bereits 1936 mit ihrer Familie aus Piesteritz bei Wittenberg ausgewandert war, empfangen. Diese Tante, die mit ihrem Ehemann und zwei Töchtern in einer kleinen Zweizimmerwohnung in Tel Aviv wohnte, stellte uns die Hälfte ihrer Wohnung zur Verfügung, in der wir dann einige Jahre zusammen wohnten.“

Es war ein schwerer Anfang, insbesondere für die Eltern. Der Vater fand als Kaufmann keine Arbeit, siechte dahin und starb bereits Ende 1943 mit 61 Jahren. Die Mutter starb sechzigjährig im Jahr 1950.

Auch Chaim Shoham (früher Karl Heinz Steinhardt) begann seine berufliche Laufbahn in einem Kibbuz; in Palästina gab es praktisch keine Industrie. „Um die ankommenden Menschenmassen aufzunehmen und zu ernähren, wurden neue landwirtschaftliche Flächen erschlossen, neue Bewässerungsanlagen gebaut und neue Dörfer aus dem Boden gestampft. Dort wurden viele der Neueinwanderer, die damals keine Ahnung von Landwirtschaft hatten, angesiedelt. In Tel Aviv fand ich Arbeit als Leiter der werkseigenen Gemüsefarm einer Konservenfabrik in einem der neu erschlossenen Gebiete im Süden des Landes“, schreibt er. Zuletzt war er als Regierungsberater für Pflanzenschutz tätig.

Anfang Juli 1992 besuchten die Herren Mordechai und Chaim Shoham aus Israel ihre Heimatstadt Luckenwalde.

Burg 30/31

Verlegung am 24. September 2020

Herr David Schuster, Jahrgang 1894, "Polenaktion" 1938 Bentschen/Zbaszyn interniert, Schicksal unbekannt

Über David Schuster ist wenig bekannt. In den Adressbüchern von 1925 und 1927 ist angegeben, dass er in der Bahnhofstraße 23 wohnte. In den folgenden Adressbüchern von 1930 und 1935 wird sein Name nicht genannt.
Am 13. Oktober 1937 fand eine Versammlung der Synagogen-Gemeinde, wahrscheinlich in der Synagoge, statt. Unter den 29 namentlich genannten Teilnehmern steht auch "Herr David Schuster."
In der Akte mit dem Titel "Ein- und Auswanderungen, Ausweisungen" der Jahre 1924 bis 1927 wird David Schuster in einer "Liste der Ausländischen Arbeitsnehmer, welche eine Legitimationskarte oder einen Befreiungsschein haben müssen" genannt. Beschäftigt ist er in der Firma Tannenbaum, Pariser & Co., später in der Luckenwalder Bronzewarenfabrik Julius & Albert Hirsch.
Zuletzt wird er in den "Listen der von 1939 bis 1945 im Kreis Jüterbog-Luckenwalde eingesetzten Ostarbeiter und Kriegsgefangenen" erwähnt. Darin ist vermerkt, dass er am 1. Mai 1894 in Wasilkow geboren wurde. Der Ort liegt im heutigen östlichen Polen unweit von Białystok. Seit dem Tilsiter Frieden von 1807 gehörte die Gegend zu Russland. In der Kreisstadt Białystok gab es zur Zeit der Geburt von David Schuster einen jüdischen Bevölkerungsanteil von 63 %. Der genannten Akte ist zu entnehmen, dass er von 1925 bis 1938 im Deutschen Reich, also wohl in Luckenwalde, lebte und dass er zuletzt in der Hutfabrik Max Basch, Burg 30/31, gearbeitet hat.

Diese eher dürftigen Angaben werden durch Erinnerungen von Moshe (Max) Schneider ergänzt. Er kannte David Schuster und wusste, dass er von Beruf Weber oder Webermeister war. Während Max Schneider in der Zinnaer Straße 15 zuhause war (dort liegen Stolpersteine für die Familie Schneider), wohnte David Schuster in der Nachbarschaft am Mühlenweg zusammen mit einer nicht-jüdischen Frau, die ein blindes Kind hatte. Leider gab es in einer Akte über die "Beschulung blinder und taubstummer Kinder" keine Hinweise darauf, um welche Frau und ihr Kind es sich gehandelt haben könnte. Immerhin erklärt der Umstand, dass David Schuster zur Untermiete bzw. in Lebensgemeinschaft wohnte, die Tatsache, dass er in den späteren Adressbüchern nicht mehr genannt wird.

Seit den 1935 erlassenen Nürnberger Rassengesetzen war es verboten, dass Juden und Nichtjuden zusammen lebten. Damit war die bisherige Wohngemeinschaft für David Schuster nicht mehr erlaubt. Malka Steinhardt, die mit ihrer Familie zur Jüdischen Gemeinde gehörte, wollte eine Ehe zwischen David Schuster und Max Schneiders Mutter vermitteln. Hanna Schneider war im Januar 1936 Witwe geworden; ihr Mann Leo war im Gefängnis Moabit zu Tode gekommen. Die Heirat kam nicht zustande. Vielleicht konnte David Schuster bei seinem Arbeitgeber Siegbert Lewy, dem Eigentümer der Hutfabrik Max Basch, eine Wohnung finden.

In der sogenannten Polenaktion Ende Oktober 1938 wurden alle Juden mit polnischen Pässen aus dem Deutschen Reichsgebiet ausgewiesen. Deutschlandweit waren ca. 17.000 Juden von dieser Maßnahme betroffen. In Luckenwalde waren es u. a. Max Schneider, seine Mutter und auch David Schuster. Sie wurden über Bentschen (Zbaszyn) nach Polen abgeschoben. Während Max Schneider die Auswanderung nach Palästina gelang, blieb David Schuster noch bis zum Sommer 1939 im Internierungslager Bentschen. Danach verliert sich seine Spur.


Puschkinstraße 53

Verlegung am 24. September 2020

Herr Dr. Ernst Arndt, Jahrgang 1900, Flucht 1933 Frankreich, interniert Drancy, deportiert 1943 Majdanek, Flossenbürg, befreit

Frau Marie Arndt, geborene Lourié, Jahrgang 1912, Flucht 1933 nach Frankreich, mit Hilfe überlebt

Dr. Ernst Arndt kam 1930 als junger Arzt nach Luckenwalde. Er übernahm die Praxis von Dr. Hermann Salomon, nachdem dieser zum Ersten Bürgermeister von Luckenwalde gewählt worden war. Beide kannten sich seit 1919, sie war sich bei einer Veranstaltung einer jüdischen Studentenverbindung (KC - Kartell-Konvent) begegnet.

In Luckenwalde lernte er Marie Lourié kennen, die Tochter eines jüdischen Unternehmers, der aus Russland stammte und seit 1911 in Luckenwalde eine Papierwarenfabrik betrieb (Fa. Sonnenfeld & Co.). Beide heirateten 1932 in Luckenwalde. Sie wohnten in der damaligen Carlstraße 35, wo sich seit 1931 auch die Arztpraxis befand.

Nachdem die Nationalsozialisten die Macht übernommen hatten, wurden Dr. Ernst Arndt und auch seine Frau Marie bedroht und sind mit knapper Not dem Tod entgangen. Die Täter kamen nachts und riefen Dr. Arndt zu einem Kranken in den Weinbergen am Rand der Staddt, machten dabei aber unklare und widersprüchliche Aussagen, so dass der Arzt eine Falle vermutete und sich weigerte, mit ihnen zu gehen.

Anfang 1933 wurde Dr. Arndt wieder aus dem Schlag geklingelt und zu einem Schwerverletzten gerufen. Marie Arndt berichtet: "Obwohl ihm die ganze Sache seltsam vorkam, zog sich mein Mann an, und auch ich griff zu meinen Sachen, denn ich wollte mitgehen, um ihm zu helfen. Das Ankleiden dauerte den Besuchern wohl zu lange, denn plötzlich wurde ins Haus geschossen. Die Polizei fand am folgenden Tag, wenn ich mich richtig erinnere, neun Patronenhülsen. Eine Kugel war direkt über meinen Kopf geflogen und an der Wand abgeprallt." (Marie Arndt, Brief vom 19.08.1987, in der Fassung des Textbuches zur Ausstellung von 1988)

Wenig später verlangten drei SS-Männer von Dr. Arndt, seine Arztpraxis aufzugeben und Luckenwalde zu verlassen. Diese Forderung wurde durch Androhung von Waffengewalt durchgesetzt. Kurz darauf verließ das Ehepaar Arndt Deutschland und rettete sich nach Frankreich. Sie waren die ersten Emigranten aus Luckenwalde.

Im Februar 1943 - die Wehrmacht hatte den größten Teil Frankreichs besetzt - wurde Dr. Ernst Arndt in Paris festgenommen. Nun begann für ihn eine unfreiwillige Reise durch verschiedene Durchgangs- und Vernichtungslager: Gurs (Südfrankreich), dann Drancy bei Paris, von dort mit Hunderten anderen nach Sobibor. Weil Bedarf an Ärzten und Sanitätern bestand, wurden 35 der Angekommenen nach Majdanek weitergeschickt. Die nächste Station war das Zwangsarbeiterlager Budzyń (Heinkel-Flugzeugwerke). Beim Vorrücken der Roten Armee wurde das Lager nach Wieliczka bei Krakau verlegt, wo die Gefangenen im Salzbergwerk arbeiten mussten. Das letzte Lager war Flossenbürg. Im April 1945, als die amerikanischen Truppen näher kamen, mussten die dort Internierten in Richtung Dachau marschieren, denn Himmler hatte befohlen: "Kein Häftling darf lebend in die Hände des Feindes fallen." Nach vier Nachtmärschen befreite die amerikanische Armee 800 Gefangene. Einer von ihnen war Dr. Ernst Arndt.

Marie Arndt hatte sich in der Zeit der Judenverfolgen in Nizza aufgehalten und war nur knapp den Fängen der Gestapo entgangen.

Dr. Arndt war Arzt aus Berufung. Da seine deutsche Approbation in Frankreich nicht gültig war, begann er im Alter von 46 Jahren seine ganze Ausbildung - Abitur und Medizinstudium - von vorn, so dass er seinen Beruf auch im Land der Emigration ausüben konnte.

In Paris kam er wieder mit Dr. Hermann Salomon zusammen, der die Zeit der Verfolgung auf abenteuerlichen Wegen durch Europa und afrikanische Länder überstanden hatte. Beide Ehepaare besuchten sich gegenseitig. Als Hermann Salomon 1963 seinen 75. Geburtstag beging, hat ihm der zwöl Jahre jüngere Ernst Arndt ein Glückwunschschreiben geschickt, das im KC-Bulletin, dem Mitteilungsblatt der jüdischen Studentenverbindung, veröffentlicht wurde. Darin heißt es: "Es ist heute noch zu früh, über unser 'interessantes' Jahrhundert ein endgültiges Urteil zu fällen. Goethe sagte am Abend der Schlacht von Valmy, der er beiwohnte: Von heute ab beginnt ein neues Zeitalter und Ihr könnt sagen, dass Ihr mit dabei gewesen seid. Diese prophetischen Worte treffen genauch Ihr Lebensschicksal und auch das unsere: Wir sind stets mit dabei gewesen, oft mehr, als uns lieb war."

Marie Arndt wollte ihren Mann immer dazu bewegen, ein Buch zu schreiben, aber er hat es nicht getan. Dr. Ernst Arndt starb 1981 im Alter von 80 Jahren. Seine Witwe hat in ihm in über dreißig Briefen nach Luckenwalde ein Denkmal gesetzt. Ihr letzter Brief ist datiert vom 19. März 1994.


Käthe-Kollwitz-Straße 33

Verlegung am 7. Mai 2019

Herr Tadeusz Kubisch, Jahrgang 1918, verhaftet 1942, wegen "Verbotener Umgang mit einer Deutschen" von der Gestapo erhängt am 8. Juli 1942 in Luckenwalde, Bürgerbusch

Tadeusz Kubisch wurde 1918 in der Kleinstadt Rogoźno (deutsch Rogasen) geboren. Er entstammte einer polnischen katholischen Familie. Als der 2. Weltkrieg mit dem Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Polen begann, war er im 21. Lebensjahr.
Wann und wie er nach Luckenwalde kam, ist unbekannt. Vermutlich war er als Soldat zur polnischen Armee eingezogen worden und kam als Kriegsgefangener nach Luckenwalde. Sein offizieller Status war „polnischer Zivilarbeiter“. Das bedeutete, dass er nicht in einem Lager festgehalten wurde. Er wohnte in der damaligen Friedrichstraße 33 beim Friseur Robert Fischer, in dessen Geschäft er arbeitete; Tadeusz Kubisch war von Beruf Friseur.
Zivilarbeiter waren allerdings nicht durch die Genfer Konvention über die Behandlung von Kriegsgefangenen geschützt. Verschärft wurde diese Situation noch durch die sogenannten „Polen-Erlasse“ von 1940.
Darin war u. a. vorgeschrieben, dass Polen ein „P“ deutlich sichtbar an der Kleidung tragen mussten. Verboten war der Kontakt zwischen Polen und Deutschen. In Anbetracht dieser und weiterer Einschränkungen ist es erstaunlich, dass Tadeusz Kubisch eine Freundin fand - er selbst bezeichnete sie sogar als seine Braut. Sie war eine Deutsche - und damit nahm in jenen finsteren Zeiten das Verhängnis seinen Lauf.

Käthe-Kollwitz-Straße 56

Verlegung am 15. März 2018

Frau Fanny Finkelstein, geborene Gross, Jahrgang 1882, abgeschoben nach Polen, Schicksal unbekannt, Massenerschießungen im Oktober 1941 in Nadworna

Herr Moritz Finkelstein, Ehemann von Fanny Finkelstein, Jahrgang 1880, geboren in Boryslaw/Galizien, Schicksal unbekannt

Fanny Finkelstein heiratete 1916 Moritz Finkelstein in Luckenwalde. Das Ehepaar hatte sechs Kinder.
Die Mutter, Fanny Finkelstein, wurde im Rahmen der sogenannten “Polenaktion“ abgeschoben, ihr genaues Schicksal konnte bisher nicht geklärt werden. In Nadworna
gab es im Oktober 1941 Massenerschießungen mit 1200 bis 2000 Toten, insgesamt wurden im Oktober 1941 in dieser Gegend mehr als 10.000 polnische Juden ermordet.

Herr Wilhelm Finkelstein, Sohn von Fanny und Moritz Finkelstein, Jahrgang 1908, arbeitete als Chauffeur, deportiert 1941 nach Auschwitz, am 2. August 1941 in Auschwitz ermordet

Frau Bertha Borgenicht, geborene Finkelstein, Tochter von Fanny und Moritz Finkelstein, Jahrgang 1904, deportiert in das Arbeitslager Nadworna, ermordet in Nadworna, Massenerschießungen Oktober 1941
Bertha Borgenicht arbeitete als Musiklehrerin und heiratete den Ingenieur Leon Borgenicht. Sie bekamen zwei Kinder, Irena und Lilly. Bertha Borgenicht wurde in das Zwangsarbeitslager Nadworna deportiert und dort ermordet, ein Datum ist bisher nicht bekannt. Auch über ihre Kinder und ihren Ehemann ist nichts bekannt.

Frau Klara Finkelstein, Jahrgang 1912, Tochter von Fanny und Moritz Finkelstein,  Flucht nach Palästina

Herr Bruno Finkelstein, Jahrgang 1905, Sohn von Fanny und Moritz Finkelstein, Schicksal unbekannt

Herr Toni Finkelstein, Jahrgang 1906, Sohn von Fanny und Moritz Finkelstein, Schicksal unbekannt

Herr David Finkelstein, Jahrgang 1910, Sohn von Fanny und Moritz Finkelstein, Schicksal unbekannt

Haag 1

Verlegung am 20. März 2017

Frau Henriette Spitz, geborene Herzfeld, Jahrgang 1860, Tod im Sammellager kurz vor der Deportation 11.04.1943 Berlin.

Frau Henriette Spitz war mit dem Kaufmann Jacob Spitz verheiratet. Er starb 1936. Das Ehepaar hatte eine Tochter, die im Alter von nur 6 Jahren starb. Frau Henriette Spitz wurde 1942, im Alter von 82 Jahren, aus ihrer Luckenwalder Wohnung vertrieben und in das „Jüdische Arbeitsheim Radinkendorf“ verschleppt. 1943 brachte man sie in das Sammellager N4 in der Berliner Auguststraße. Von dort sollte sie deportiert werden. Die 83-jährige Henriette Spitz überlebte das Sammellager nicht.


Breite Straße 18

Verlegung am 20. März 2017

Frau Anna Hoffnung, geb. Goldschmidt, Ehefrau von Dr. Julius Hoffnung, Jahrgang 1870, deportiert 1942 nach Theresienstadt, am 24. März 1944 in Theresienstadt ermordet.

Herrn Sanitätsrat Dr. med. Julius Hoffnung, Jahrgang 1861, deportiert 1942 nach Theresienstadt, am 5. Oktober 1942 in Theresienstadt ermordet.

Sanitätsrat Dr. med. Julius Hoffnung war 47 Jahre als Arzt in Luckenwalder tätig. Er hatte seine Arztpraxis und seine Wohnung in Luckenwalde, Breite Straße 18. Im Jahr 1917 erhielt er die Rote-Kreuz-Medaille 3. Klasse. Ab 1933 hatte er Berufsverbot. Zu dem Buch von Albert Goldschmidt: Badeorte, Heilquellen und Heilanstalten in Deutschland, Oesterreich-Ungarn und der Schweiz verfasste er die Einleitung. Die Kinder des Ehepaars Hoffnung wurden 1895 und 1898 in Luckenwalde geboren. Der Sohn Dr. Rudolf Hoffnung war Rechtsanwalt in Berlin, hatte ebenfalls ab 1933 Berufsverbot und ist 1934 nach
Palästina geflohen.
Nach Abgabe der Vermögenserklärung, datiert am 5.08.1942 wurden Dr. med. Julius Hoffnung und seine Frau Anna Hoffnung in das Sammellager, Große Hamburger Straße 26 nach Berlin gebracht. Von dort wurden beide mit dem 44. Alterstransport am 14.08.1942 nach Theresienstadt deportiert und dort ermordet.
Als Datum der Kremation ist für Frau Anna Hoffnung der 24.03.1944 verzeichnet, sie war 74 Jahre alt. Dr. med. Julius Hoffnung wurde im Alter von 81 Jahren ebenfalls in Theresienstadt ermordet.


Breite Straße 32

Verlegung am 9. Mai 2016

Frau Rose Rachel Cahn, geborene Bauchwitz, Jahrgang 1864, deportiert 1942 nach Theresienstadt, am 9. März 1943 in Theresienstadt ermordet.

Herr Meyer Cahn, Ehemann von Rose Rachel Cahn, Jahrgang 1864, deportiert 1942 nach Theresienstadt, am 27. Januar 1943 in Theresienstadt ermordet.

Das Ehepaar Cahn war mit der Familie Bauchwitz verwandt: Rose Rache Cahn, geb. Bauchwitz, der Stadtverordnete Gustav Bauchwitz, Siegmund Bauchwitz und Johanna Bauchwitz waren Geschwister. Gustav B. starb 1929, sein Bruder Siegmund 1933. Danach zogen die Schwestern Johanna und Rose in das Bauchwitz’sche Stammhaus Breite Straße 32.
Letzter Luckenwalder Wohnsitz des Ehepaars Cahn war Hindenburgstraße 16 b – heute Theaterstraße / Ecke Kleiner Haag, eine unterdessen schön hergerichtete Villa.
Allerdings ergaben die neuesten Forschungen von Herrn Pfarrer a. D. Detlev Riemer, dass Cahns dort in einer Art Gartenlaube wohnen mussten. Ein freiwilliger Wegzug aus dem „Stammhaus“ Breite Straße 32 ist also äußerst unwahrscheinlich. Die Gartenlaube wurde im Zuge der Baumaßnahmen an der Villa abgerissen. So ist der letzte Wohnsitz doch die Breite Straße 32. Dort liegt schon der Stolperstein für Johanna Bauchwitz, so dass jetzt die Schwestern symbolisch wieder zusammengeführt werden.


Schützenstraße 7

Verlegung am 9. Mai 2016

Frau Josefine Michaelis, geborene Hirsch, Jahrgang 1877, deportiert 1942 nach Theresienstadt, befreit.

Herr Felix Michaelis, Jahrgang 1867, Ehemann von Josefine Michaelis, deportiert 1942 nach Theresienstadt, am 29. Oktober 1943 in Theresienstadt ermordet.

Das Ehepaar Michaelis wurde mit dem gleichen Transport wie das Ehepaar Cahn deportiert. Daher soll auch die Verlegung der Stolpersteine im gleichen Jahr erfolgen. Das Wohnhaus des Ehepaars Michaelis ist nicht mehr erhalten. Frau Josefine Michaelis wurde in Theresienstadt befreit.


Parkstraße 73

Verlegung am 22. Juni 2015

Herr Julius Seligmann, Jahrgang 1872, deportiert 1942 nach Theresienstadt, am 16. Mai 1944 in Auschwitz ermordet
Frau Margarete Seligmann, geb. Sabatzky, Ehefrau von Julius Seligmann, Jahrgang 1871, deportiert 1942 nach Theresienstadt, am 16. Mai 1944 in Auschwitz ermordet
Herr Harry Seligmann, Jahrgang 1908, Sohn von Julius und Margarete Seligmann, verhaftet 1938, im KZ Sachsenhausen bis 1939, nach Bolivien geflüchtet 1939, gest. 30.06.1975 in Bad Nauheim
Frau Julia Seligmann, geb. Weißmann, Jahrgang 1910, Ehefrau von Harry Seligmann, nach Bolivien geflüchtet 1939, gest. 13.11.1990 in La Paz

Julius Seligmann betrieb in Luckenwalde einen Kurzwarenhandel, später ein Damenhütegeschäft. Zum 31.12.1938 musste er sein Geschäft schließen. Seine Frau, Margarete Seligmann, hatte ebenfalls ein Geschäft für Damenhüte und Puppen in der Breiten Straße. Beide wurden im Alter von über 70 Jahren in Konzentrationslager verschleppt und ermordet. Harry und Julia Seligmann heirateten im Februar 1939 in Luckenwalde, kurz nach der Entlassung von Harry Seligmann aus dem KZ Sachsenhausen. Noch im gleichen Jahr gelang beiden gemeinsam die Flucht nach Bolivien. Ab 1945 lebten sie in Buenos Aires. Ihre Eltern/Schwiegereltern sahen sie nie wieder.


Dahmer Straße 28

Verlegung am 6. August 2014

Herr Arno Ertner wurde 1904 geboren. Er wohnte in dem Haus Dahmer Straße 28.
Der Stolperstein für Herrn Ertner ist der erste in Luckenwalde, der nicht an einen Menschen jüdischen Glaubens erinnert, sondern an ein Opfer der Nationalsozialisten. Er war Mitglied der katholischen Gemeinde. Arno Ertner verschaffte sich die Predigttexte des Münsteraner Bischofs von Galen, der den Mord an psychisch Kranken und geistig behinderten Menschen darin anprangerte.

Bevor er diese Texte verbreiten konnte, wurde der Ingenieur und vierfache Familienvater an seinem Arbeitsplatz in Luckenwalde verhaftet. Nach tagelangen Gestapo-Verhören wurde er ohne Gerichtsverhandlung in das Konzentrationslager Sachsenhausen und später nach Dachau verlegt. Seine Familie sah er nie wieder, seine fünfte Tochter lernte er nicht kennen. Am 15. Februar 1943 wurde Arno Ertner in Dachau ermordet. In der Liste der katholischen Märtyrer des KZ Dachau ist Arno Ertner unter der Nummer 35 verzeichnet.


Poststraße 5

Verlegung am 6. August 2014

Familie Hirschfeld/Sander - Walter Hirschfeld wurde am 23. Juni 1877 in Wittenberg geboren. Am Ende des Jahres 1910 verlobte er sich mit der zehn Jahre jüngeren Toni Sander, die am 2. Juni 1887 in Luckenwalde geboren worden war. Toni Sanders Eltern hießen Salo und Emma Sander. Ihre Schwester Grete war ein Jahr jünger als Toni und verstarb nach längerer Krankheit am 29. April 1933 kurz vor Vollendung ihres 45. Lebensjahres in Luckenwalde. Toni und Walter heirateten am 8. Juli 1911 und wohnten bei ihren Eltern in der Gartenstraße 5.

1934 zogen Walter Hirschfeld, seine Frau Toni und ihre Mutter Emma Sander in die Poststraße 5, nachdem Salo Sander verstorben war. 1942 wurden Toni und Walter Hirschfeld in das Warschauer Ghetto deportiert und dort ermordet. Emma Sander, geboren 1862, erlitt das gleiche Schicksal in Theresienstadt.

Poststraße 13

Verlegung 11. Juni 2013

Gerhard Boche
Herr Gerhard Boche, Jahrgang 1921, wurde 1944 verhaftet und wegen "wehrkraftzersetzender Äußerungen" zum Tode verurteilt.

1944 wurde er im Alter von 23 Jahren in Berlin-Plötzensee hingerichtet.


Parkstraße 73

Verlegung 11. Juni 2013

Dora Rindenau
Frau Dora Rindenau, geb. Preminger, Jahrgang 1883, wurde 1942 im Alter von 59 Jahren nach Riga deportiert. Das Todesdatum ist unbekannt.

Berta Rindenau
Frau Berta Rindenau, Tochter von Dora Rindenau, Jahrgang 1919, wurde 1938 im Alter von 19 Jahren in die Heil- und Pflegeanstalt Teupitz eingewiesen. Von dort wurde sie 1942 nach Riga deportiert. Das Todesdatum ist unbekannt.

Philipp Rindenau
Herr Philipp Rindenau, Sohn von Dora Rindenau, Jahrgang 1921, wurde 1938 nach Polen abgeschoben und flüchtete 1939 in die Sowjetunion. Sein Schicksal ist unbekannt.


Markt 6

Verlegung am 22. Oktober 2012

Emma Marcus
Frau Emma Marcus, geb. Kronheim, Jahrgang 1868, Witwe des 1914 verstorbenen Luckenwalder Stadtrats und Bankiers Nathan Marcus.

Frau Marcus wurde im Alter von 74 Jahren nach Theresienstadt deportiert und im gleichen Jahr 1942 ermordet.


Zinnaer Straße 15

Verlegung am 22. Oktober 2012

Leo Schneider
Herr Leo Schneider, Jahrgang 1894, wurde wegen Beleidigung des Führers 1935 verhaftet. 1936 wurde er im Gefängnis Berlin-Moabit zu Tode geprügelt.

Hanna Schneider
Frau Hanna Schneider, geb. Berlin, Jahrgang 1895. Sie wurde als Staatenlose 1938 nach Polen abgeschoben und am Versöhnungstag, 21. September 1942, in Wilna erschossen.

Max Schneider
Herr Max Schneider wurde als Sohn von Leo und Hanna Schneider im Jahr 1922 geboren. 1938 wurde er nach Polen abgeschoben. 1939 emigrierte Max Schneider nach Palästina und überlebte so.

Puschkinstraße 38

Verlegung am 13. Oktober 2011

Malwine Rosenthal, geb. Fuss
Frau Rosenthal wurde am 11.11.1852 in Lissa geboren und lebte von 1925 bis 1938 in Luckenwalde. Sie wohnte in der Baruther Straße 45, in der Frankenstraße 3 und zuletzt im Haus der Synagoge in der damaligen Carlstraße 38. Dort erlebte sie den Novemberpogrom. Sie wurde mit dem ersten großen Alterstransport 1942 im Alter von fast 90 Jahren depotiert und am 30.11.1942 in Theresienstadt ermordet.

Wolfgang Leubuscher
Herr Leubuscher wurde am 22.08.1920 in Guben geboren. Er war Lehrlin in der Luckenwalder Firma Kellermann und wohnte im Haus der ehemaligen Synagoge in der damaligen Carlstraße 38. Im Alter von nur 18 Jahren wurde er 1938 in das KZ Sachsenhausen deportiert. Am 11.10.1941 ist er in Mauthausen ermordet worden, er war 21 Jahre alt.

Breite Straße 32

Verlegung am 13. Oktober 2011

Johanna Bauchwitz
Frau Bauwitz wurde am 23.06.1868 in Luckenwalde geboren. Sie war die ledige Schwester des Luckenwalder Stadtverordneten Gustav Bauwitz, der bereits 1929 verstarb.

Frau Bauchwitz wohnte Breite Straße 5 und zuletzt im Haus der Familie in der Breiten Straße 32. Sie wurde mit dem 85. Alterstransport im Alter von 75 Jahren nach Theresienstadt deportiert. Am 15.06.1943 ist sie in Theresienstadt ermordet worden.

Puschkinstraße 18

Verlegung am 6. Juli 2010

Sigismund Cohn
Herr Cohn war Mitinhaber der Tuchgroßhandlung Friedrich Schneider. Bis etwa 1918 war er Stadtverordneter für eine bürgerliche Partei. In der Jüdischen Gemeinde hatte er von 1903 bis 1927 eine leitende Funktionen inne, zuletzt auch von 1937 an. Er wurde am 19.08.1942 mit dem 45. Alterstransport von Berlin nach Theresienstadt deportiert. Dort ist er verstorben. Sein Todesdatum ist unbekannt. Sein Bruder Oskar Cohn (SPD) war von 1912 bis 1918 Mitglied des Reichstags und 1919 Mitglied der Weimarer Nationalversammlung.

Friedrich Schneider
Herr Schneider, Jahrgang 1855, war Tuchgroßhändler. Die jüngste seiner vier Kinder, die Tochter Elly, verunglückte 1917 als 20-Jährige tödlich. Friedrich Schneider starb 1932. Er wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Luckenwalde begraben.

Flora Schneider, geb. Cohn
Frau Schneider war Sigismund Cohns Schwester und Friedrich Schneiders Ehefrau. In einem ihrer Briefe hat sie über den letzten Synagogengottesdienst berichtet, der am Freitagabend, dem 4. November 1938 stattfand – eine Woche vor dem Pogrom. Sie starb 1940 am 21. September, zwei Tage vor ihrem 80. Geburtstag, in Berlin und wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Weißensee begraben.

Gertrud Schneider, verehel. Hirsch
Sie war das älteste Kind von Friedrich und Flora Schneider. 1904 heiratete sie Hermann Hirsch, den Inhaber der Luckenwalder Bronzewarenfabrik. Das Ehepaar ist zusammen mit dem Sohn Robert, dessen Frau und ihrem Kind nach Palästina emigriert.

Erich Schneider
Herr Schneider, Jahrgang 1884, war der Sohn von Friedrich und Flora Schneider. Er wurde in der Tuchgroßhandlung seines Vaters ausgebildet und hat später in Berlin, Elberfeld und München gearbeitet. Am 1. Weltkrieg hat er als Freiwilliger teilgenommen. 1945 wurde er aus dem KZ Buchenwald befreit. Er wanderte nach Australien aus und starb dort ungefähr vier Jahre nach dem Krieg.

Kaethe Schneider, verehel. Hahn
Sie war das dritte Kind von Friedrich und Flora Schneider. Mit ihrem Mann Kurt Hahn ist sie 1939 nach Kuba emigriert.

Poststraße 27

Verlegung am 22. August 2009

Herrn Dr. med. Leo Schwarzweiß und seine Frau Else Schwarzweiß, geb. Josephson. Herr Schwarzweiß wurde am 14.08.1873 in Prenzlau geboren. Ab 1893 absolvierte er ein Medizinstudium in Berlin. Seine ärztliche Approbation erhielt er am 17.06.1898. 1898 bis 1899 vollzog Herr Schwarzweiß seinen Militärdienst. Von 1900 bis 1937 war er Arzt in Luckenwalde. 1910 verlobte er sich mit Else Josephson (Hochzeitsdatum unbekannt). Am 26.01.1912 wurde ihr gemeinsamer Sohn Hans in Luckenwalde geboren. An der russischen Front kämpfte Schwarzweiß von 1914 bis 1918. Dr. med. Leo Schwarzweiß war der letzte Vorsteher der Luckenwalder Synagogen-Gemeinde nach 1939.

Else Schwarzweiß wurde am 30.11.1884 in Neutomischel geboren.
Das Ehepaar wurde mit dem 73. Alterstransport am 06.11.1942 aus Berlin deportiert. Herr Schwarzweiß ist am 04.02.1943 und seine Frau Else am 03.01.1943 in Theresienstadt gestorben.


Puschkinstraße 48

Verlegung am 22. August 2009

Frau Charlotte Rieck, geb. Scherokosz. Sie wurde am 30.01.1886 in Berlin geboren und lebte von1918 bis 1939 in Luckenwalde. Mit dem Tod ihres Mannes, dem Prokuristen Willi Rieck, in Luckenwalde am 24.02.1944 verliert die Jüdin den relativen Schutz, den ihr die Ehe mit ihrem nichtjüdischen Partner geboten hatte.

Sie wurde am 19.04.1944 mit dem 104. Transport von Berlin nach Theresienstadt deportiert und ist am 15.05.1944 in Auschwitz verschollen.

Die Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und kann jederzeit ergänzt werden.

Seite drucken | zuletzt geändert am: 24.08.2022