2020 - David Schuster, Burg 30/31
Verlegung am 24. September 2020
Herr David Schuster, Jahrgang 1894, "Polenaktion" 1938 Bentschen/Zbaszyn interniert, Schicksal unbekannt
Über David Schuster ist wenig bekannt. In den Adressbüchern von 1925 und 1927 ist angegeben, dass er in der Bahnhofstraße 23 wohnte. In den folgenden Adressbüchern von 1930 und 1935 wird sein Name nicht genannt.
Am 13. Oktober 1937 fand eine Versammlung der Synagogen-Gemeinde, wahrscheinlich in der Synagoge, statt. Unter den 29 namentlich genannten Teilnehmern steht auch "Herr David Schuster."
In der Akte mit dem Titel "Ein- und Auswanderungen, Ausweisungen" der Jahre 1924 bis 1927 wird David Schuster in einer "Liste der Ausländischen Arbeitsnehmer, welche eine Legitimationskarte oder einen Befreiungsschein haben müssen" genannt. Beschäftigt ist er in der Firma Tannenbaum, Pariser & Co., später in der Luckenwalder Bronzewarenfabrik Julius & Albert Hirsch.
Zuletzt wird er in den "Listen der von 1939 bis 1945 im Kreis Jüterbog-Luckenwalde eingesetzten Ostarbeiter und Kriegsgefangenen" erwähnt. Darin ist vermerkt, dass er am 1. Mai 1894 in Wasilkow geboren wurde. Der Ort liegt im heutigen östlichen Polen unweit von Białystok. Seit dem Tilsiter Frieden von 1807 gehörte die Gegend zu Russland. In der Kreisstadt Białystok gab es zur Zeit der Geburt von David Schuster einen jüdischen Bevölkerungsanteil von 63 %. Der genannten Akte ist zu entnehmen, dass er von 1925 bis 1938 im Deutschen Reich, also wohl in Luckenwalde, lebte und dass er zuletzt in der Hutfabrik Max Basch, Burg 30/31, gearbeitet hat.
Diese eher dürftigen Angaben werden durch Erinnerungen von Moshe (Max) Schneider ergänzt. Er kannte David Schuster und wusste, dass er von Beruf Weber oder Webermeister war. Während Max Schneider in der Zinnaer Straße 15 zuhause war (dort liegen Stolpersteine für die Familie Schneider), wohnte David Schuster in der Nachbarschaft am Mühlenweg zusammen mit einer nicht-jüdischen Frau, die ein blindes Kind hatte. Leider gab es in einer Akte über die "Beschulung blinder und taubstummer Kinder" keine Hinweise darauf, um welche Frau und ihr Kind es sich gehandelt haben könnte. Immerhin erklärt der Umstand, dass David Schuster zur Untermiete bzw. in Lebensgemeinschaft wohnte, die Tatsache, dass er in den späteren Adressbüchern nicht mehr genannt wird.
Seit den 1935 erlassenen Nürnberger Rassengesetzen war es verboten, dass Juden und Nichtjuden zusammen lebten. Damit war die bisherige Wohngemeinschaft für David Schuster nicht mehr erlaubt. Malka Steinhardt, die mit ihrer Familie zur Jüdischen Gemeinde gehörte, wollte eine Ehe zwischen David Schuster und Max Schneiders Mutter vermitteln. Hanna Schneider war im Januar 1936 Witwe geworden; ihr Mann Leo war im Gefängnis Moabit zu Tode gekommen. Die Heirat kam nicht zustande. Vielleicht konnte David Schuster bei seinem Arbeitgeber Siegbert Lewy, dem Eigentümer der Hutfabrik Max Basch, eine Wohnung finden.
In der sogenannten Polenaktion Ende Oktober 1938 wurden alle Juden mit polnischen Pässen aus dem Deutschen Reichsgebiet ausgewiesen. Deutschlandweit waren ca. 17.000 Juden von dieser Maßnahme betroffen. In Luckenwalde waren es u. a. Max Schneider, seine Mutter und auch David Schuster. Sie wurden über Bentschen (Zbaszyn) nach Polen abgeschoben. Während Max Schneider die Auswanderung nach Palästina gelang, blieb David Schuster noch bis zum Sommer 1939 im Internierungslager Bentschen. Danach verliert sich seine Spur.