2023 - Familie Lewy, Burg 30
Verlegung am 9. November 2023
Herr Siegbert Lewy, Jahrgang 1882, gestorben 1957
Frau Else Lewy, Jahrgang 1892, geborene Silber, gestorben 1978
Herr Kurt Lewy, Jahrgang 1919, gestorben 2005
Siegbert Lewy stammte aus Neutomischel, einer kleinen, damals preußischen Kreisstadt in der Provinz Posen. Seine Frau Else war Berlinerin. Auch der Sohn Kurt war in Berlin geboren, verlebte aber seine Kindheit und Jugend in Luckenwalde.
Siegbert Lewy trat 1919 als Gesellschafter in die Hutfabrik Max Basch ein. Später war er Alleininhaber der Firma, die aber bis 1938 weiterhin den Namen „Max Basch“ führte. Er war der letzte Vorsitzende der Luckenwalder Synagogen-Gemeinde. In dieser Eigenschaft hatte er im März 1939 die traurige Aufgabe, die Synagoge in der Carlstraße (heute Puschkinstraße), die in der Pogromnacht vor 85 Jahren geplündert worden war, an die Stadt zu verkaufen – der Gemeinde blieb keine andere Wahl.
Von Else Lewy bewahrt die Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem einen kurzen Briefwechsel mit dem Central-Verein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens auf, der einen aufschlussreichen Einblick in die Situation der Luckenwalder Gemeinde am Ende des Jahres 1931 gestattet.
Vater und Sohn wurden während des Novemberpogroms 1938 verhaftet und zusammen mit anderen Juden der Stadt nach Sachsenhausen gebracht. Kurt Lewy wurde im Dezember aus dem KZ mit der Auflage entlassen, innerhalb von 30 Tagen Deutschland zu verlassen. Mit Glück und dank verwandtschaftlicher Beziehungen gelang ihm am 25.01.1939 die Ausreise, die eigentlich eine Flucht vor dem Terror war, nach England.
Siegbert Lewy und seine Frau brauchten noch bis Ende August 1939, um die Firma abzuwickeln, die Gebäude zu verkaufen und die verlangte Vermögensabgabe und Reichsfluchtsteuer zu bezahlen – ein Weg voller bürokratischer Schikanen, die darauf abzielten, das jüdische Vermögen dem Deutschen Nazireich einzuverleiben. Sie retteten sich nach Amsterdam, kamen aber auf Drängen des Sohnes ebenfalls nach England - gerade noch rechtzeitig einen Tag vor dem Ausbruch des Krieges am 1. September.
Im Mai 1940 ist Kurt nach Amerika ausgewandert. Auf dem Schiff von Liverpool nach New York lernte er seine zukünftige Frau kennen. Beide haben noch im gleichen Jahr geheiratet; sie blieben länger als 54 Jahre verheiratet. Nach dem Krieg sind Siegbert und Else Lewy ihrem Sohn in die USA gefolgt. Ihren Lebensabend verbrachten sie in Kalifornien in der Nähe ihrer Kinder und Enkel.
Kurt Lewy, der sich in Amerika Curt Lewis nannte, hat 1994 eine Tonbandkassette besprochen – ein einmaliges Dokument mit Erinnerungen an seine Eltern, an Luckenwalde, an die Jüdische Gemeinde und an seinen eigenen bewegten Lebensweg.