Carl Anwandter - ein Sohn Luckenwaldes in Chile
Carl August Wilhelm Paschen Anwandter - Vertreter der Demokratiebewegung von 1848
Merkzeichen für Luckenwalder Persönlichkeiten
Kennen Sie Carl Anwandter? lautete die Eingangsfrage in der Einladung zu den Luckenwalder Stadtgeschichte(n). Nach diesem informativen und lebendigen Vortrag am 22. Mai 2008 im Rahmen des URBAN-Projektes "Merkzeichen zur Stadtgeschichte" zu Lebensweg und Verdienst von Carl Anwandter ist der Zuhörer um vieles schlauer.
Bürgermeisterin Elisabeth Herzog-von der Heide begrüßte sehr herzlich den Botschafter der Republik Chile Herrn Dr. Álvaro Rojas und den chilenischen Konsul Herrn Roberto Ruiz als profunde Kenner der Geschichte der Familie Anwandter. Sie freute sich darüber, dass der Besuch die "erste" Amtshandlung des Botschafters war, da er erst seit März sein Amt innehat. Gemeinsam besuchten sie die für den gebürtigen Luckenwalder errichtete Stele, ehe gemeinsam den Erkenntnissen über das Leben von Carl Anwandter und seine heutigen Botschaften daraus im Sitzungssaal des Rathauses gelauscht wurde.
"Zu den sieben Schätzen des Heimatmuseums gehört auch eine chilenische Briefmarke mit dem Porträt von Carl(os) Anwandter. Was wollen wir mit Briefmarke und Stele? Wir wollen neugierig machen auf das abenteuerliche und wechselvolle Leben des gebürtigen Luckenwalders Carl Anwandter, einer Persönlichkeit, die bereits in der alten Welt politisch wirkte und erst recht als Emigrant in seiner neuen Heimat Chile ein Stück Landesgeschichte geprägt hat.
Sein Leben ist mehr als ein Abenteuerroman, es besitzt Bedeutung bis in unserer Tage.", so die Bürgermeisterin.Botschafter Dr. Álvaro Rojas:
"Auf die 5-monatige Reise ohne Wiederkehr nimmt der 49-jährige Anwandter im Jahr 1850 seine Frau, seine acht Kinder und 49 andere deutsche Familien mit. Sie alle hinterlassen die zertrümmerten Träume von Demokratie und Freiheit der niedergeschlagenen 48er März-Revolution.
Die "48er Emigranten", die sich vor allem in der Umgebung von Valdivia angesiedelt haben, bauten aber die Grundlage für die kulturelle - und nicht nur wirtschaftliche - Entwicklung einer riesigen Region im Süden Chiles auf.
Dieser feierliche Akt (die Errichtung einer Stele) unterstreicht die besondere Beziehung, die zwischen unseren beiden Ländern besteht, und die eine Verbindung darstellt, zu der Personen wie Carl Anwandter entscheidend beigetragen haben.
Die Familie Anwandter in Chile hat unsere Botschaft darum gebeten, der Stadt Luckenwalde ein Buch zu überreichen, das Carl Anwandter selbst geschrieben hat und in dem er die 5 Monate der Überfahrt auf dem Atlantischen und dem Pazifischen Ozean schildert. Abschließend, werte Frau Bürgermeisterin, möchte ich für das Interesse Ihrer Stadt an dieser Würdigung danken."
Der Konsul von Chile Roberto Ruiz brachte in seiner Begrüßung die heutige Bedeutung der Einwanderungsgeschichte zum Ausdruck:
"Die Deutschen, deren Nachkommen und ihre Institutionen sind Bestandteil der chilenischen Geschichte.
Die deutschen Kaufleute und Kolonisten nahmen die von der Republik entgegengebrachte Gastfreundschaft an und begannen hier ein neues Leben. Sie genossen umfassende Freiheit und nutzten die großen Möglichkeiten, die ihnen das Land bot. Sie erfüllten das Versprechen, das Carl Anwandter gegeben hatte. Sie verwandelten die südlichen Landstriche in fruchtbare Provinzen. Sie führten in Chile neue Industrien ein. Deutsche Militärausbilder, Lehrer, Wissenschaftler, Künstler und Musiker trugen zur Modernisierung der Institutionen und Bereicherung des kulturellen Lebens des Landes bei.
Die deutsch-chilenische Gemeinschaft hat sich vollständig in die chilenische Gesellschaft integriert. Ehemalige konfessionelle und soziale Schranken, die die deutsche Kolonie früher von der kreolischen Bevölkerung getrennt hatte, wurden abgebaut.
Zahlreiche Institutionen sind verschwunden, die von den Immigranten damals eingerichtet worden waren, weil Chile zu jener Zeit ihre Bedürfnisse nicht befriedigte. Sie sind jedoch nicht mehr nötig in dem heutigen Chile mit seinem reichhaltigen kulturellen Leben und seiner differenzierten institutionellen Organisation. Dennoch bleibt die deutsch-chilenische Gemeinschaft weiterhin eine lebendige Wirklichkeit. Heute leben wir in einer globalisierten Welt. Die Beziehungen zwischen den Völkern und Kulturen werden immer enger. Chile durchlebt gegenwärtig einen beschleunigten Modernisierungsprozess und bedarf des Austausches mit den großen Industriemächten, mit den Zentren der wissenschaftlichen und technologischen Forschung hoch entwickelter Länder. Deshalb sollte sich der Austausch zwischen Chile und Deutschland, der früher intensiv und fruchtbar war, in Zukunft weiterentwickeln. In dieser Wechselwirkung kann die deutsch-chilenische Gemeinschaft wertvolle Dienste leisten."
Das Thema der "Stadtgeschichte(n)" brachte der ehemalige Schulleiter der Deutschen Schule in Valdivia (1987 - 1996) und Autor der Anwandter-Biographie Herr Günter Großbach eindrucksvoll und lebendig zu Gehör.
Die Vorsitzende des Freundeskreises Calau - Valdivia e. V. Frau Sabine Hess war Gast der Veranstaltung. Sie möchte gern die "Verbindungen nach Luckenwalde und zur Botschaft der Republik Chile weiter entwickeln." Carl Anwandter wurde im April 1849 zum Bürgermeister von Calau gewählt.