Grußwort der Bürgermeisterin zum Jahreswechsel

Liebe Luckenwalderinnen, liebe Luckenwalder,

Schaltjahre sind Katastrophenjahre“, besagt der Aberglaube. Mit Blick auf unsere Stadt im Jahr 2024 halte ich das für Unsinn. Mit Blick auf den Rest der Welt kann man jedoch ins Grübeln kommen. Ich muss die Krisen und Gefahren gar nicht aufzählen, um sie Ihnen vor Augen zu führen. Sie sind allgegenwärtig und können jeden Abend mit der Tagesschau aufgefrischt und notgedrungen ergänzt werden. Die Erkenntnis reift, dass auf die Frage „Wann wird es endlich wieder so, wie es einmal war?“ die Antwort lautet: Niemals.

Wie gehen wir mit dieser Erkenntnis um? Ich möchte Willy Brandt zitieren, der am Ende eines sehr bewegten Lebens der Nachwelt ins Stammbuch schrieb: „Nichts kommt von selbst. Und nur wenig ist von Dauer. Darum – besinnt Euch auf Eure Kraft und darauf, dass jede Zeit eigene Antworten will und man auf ihrer Höhe zu sein hat, wenn Gutes bewirkt werden soll.“

Dass Kraft in unserer Stadtgesellschaft vorhanden ist, hat sich nach meiner Wahrnehmung erneut in den letzten 12 Monaten offenbart.

Haltung zeigen in Luckenwalde

Am Jahresanfang schockierte die Recherche der Redaktion Correctiv über ein Geheimtreffen von Rechtspopulisten und Rechtsextremisten in Potsdam am Lehnitzsee und über das Ausmaß ihrer umstürzlerischen Ideen und Pläne. Aber es macht mir Mut, dass kurz nach Entlarvung dieser Grundrechteverächter und Staatszerstörer sich überall in der Republik ziviler Widerstand regte und über eine Million Menschen für Demokratie auf die Straße gingen. Auch in Luckenwalde kamen, initiiert aus der Bürgerschaft, über 500 Menschen aller Generationen und unterschiedlicher Weltanschauungen auf dem Marktplatz zusammen und demonstrierten dafür, dass menschen- und demokratieverachtende Akteure und ihre Sympathisanten keine Macht in diesem Land gewinnen dürfen.

Wir haben in unserer Stadt Vorbilder, die Mut, Anstand und Mitmenschlichkeit bewiesen, selbst unter Lebensgefahr. Die Rede ist von den Luckenwaldern, die der Widerstandsgruppe „Gemeinschaft für Frieden und Aufbau“ angehörten. In den Jahren 1943 und 1944 versteckten und versorgten sie untergetauchte Juden aus Berlin und druckten Flugblätter gegen Hitler und für ein baldiges Kriegsende. Sie verteilten tausende Flugblätter im ganzen damaligen Reich. 80 Jahre nachdem die Gruppe aufflog, ihre nicht-jüdischen Mitglieder verhaftet und angeklagt und ihre jüdischen Mitglieder ohne Prozess getötet wurden, hat die Stadt Luckenwalde an die Tätigkeit der fast vergessenen Widerständler erinnert. 120 Besucher nahmen in einer Gedenkveranstaltung in unserer Bibliothek im Bahnhof Anteil an den Schicksalen. Filmdokumente, Gespräche mit Nachfahren und eine eigens konzipierte Ausstellung berührten und begründeten wertvolles Wissen über die Vergangenheit mit Nachhall bis in die Gegenwart.

Wohnen in Luckenwalde

Wohnraum in Luckenwalde ist nachgefragt. Jeder kann sich davon überzeugen, dass die größte Baustelle der Stadt Tag für Tag Fortschritte macht. DIE LUCKENWALDER als Bauherrin von 193 neu entstehenden Wohnungen auf der Burg wird dafür sorgen, dass sie Ende des nächsten Jahres bezogen werden können und damit der Wohnungsnachfrage in großem Umfang entsprochen werden kann.

Wer mit offenen Augen durch die Stadt geht, wird bemerken, dass sich auch an anderen Stellen etwas tut. Privatinvestoren kümmern sich um Leerstand. Sie sorgten z.B. dafür, dass die beiden großen Tonnendachhäuser an der Jänickendorfer Straße in altem Glanz und mit blauen Fensterläden zum Hingucker geworden sind und neuen Bewohnern ein Zuhause bieten. 

Mit dem Denkmalpflegepreis 2024 zeichnete die Landrätin den Münchner Architekten Dieter Thomas Boos aus, der vor Jahren Luckenwalde für sich entdeckte. Ihm hatte das Stadtplanungsamt zwei „schlafende Schönheiten“, wenn auch in einem erbarmungswürdigen Zustand, ans Herz gelegt, nämlich die Baruther Straße 5 und 6. Mutig erwarb Herr Boos die Fachwerkhäuser aus dem 19. Jahrhundert, machte in behutsamer Sanierung ihre Qualitäten wieder sichtbar und stattete die Wohnungen mit zeitgemäßen Standards aus. Sie bieten jetzt Anreize für individuelles Wohnen in historischer Altstadtkulisse. Mittlerweile haben drei weitere Leerstandsobjekte von dem Engagement des Münchners in Luckenwalde profitiert und damit auch die Stadt.

Carl Goldschmidt war der Begründer der industriell hergestellten Hutproduktion in Luckenwalde. Seine 1922 gebaute Fabrik, Poststraße 25, beherbergte später das Werk 3 des VEB Kontaktbauelemente Luckenwalde. Als 2004 der Denkmaleintrag erfolgte, war die Produktionsstätte schon lange außer Betrieb und dem Verfall preisgegeben. Das Areal hatte es bereits „geschafft“, in der Liste der Lost Places geführt zu werden. Für Luckenwalde ist es ein großer Wurf, wenn sich jemand an brachgefallene Gewerbeimmobilien herantraut und z.B. aus einer Fabrik individuelle, lichtdurchflutete Wohnungen in Loftatmosphäre schafft. Dass das geht, hat Familie Wolter jetzt vorgemacht. Offenbar hat ihr geschultes Auge erkannt, dass hinter dem heruntergekommenen Gebäude mit Brettern vernagelten Fenstern das steckt, was der Denkmalpfleger bereits beschrieben hatte, nämlich eine technisch solide Ausführung und ein dauerhaftes Material, das auch noch nach 100 Jahren Bestand hat. Familie Wolter investierte 10 Millionen Euro, um 38 Mietwohnungen entstehen zu lassen, die dem Charakter des denkmalgeschützten Gebäudes gerecht werden und ganz und gar nicht von der Stange sind. Zwei Aufzüge sorgen dafür, dass 35 Wohnungen barrierefrei sind. Zur Hofseite hin sind Balkone und Terrassen gebaut worden. Im Hof wurden Grünflächen, Spielplätze, Mietergärten und Stellplätze angelegt. Die Lage zwischen Innenstadt und Bahnhof könnte besser nicht sein. Das Kalkül ging auf: Bereits bei der Einweihung im Oktober waren alle Wohnungen vermietet. Die Stadt bietet Potenzial für Nachahmer. 

Industrieansiedlung in Luckenwalde  

Wenn es bereits eine Weile her ist, dass Sie von der B 101 kommend die Abfahrt Zapfholzweg genommen haben, dann werden Sie heute verwundert sein über die großen Industriehallen, die dort in kurzer Zeit aus dem Boden gewachsen sind. Im Mai fand dort der 1. Spatenstich für die Ansiedlung von HELAXA statt. Das Unternehmen lässt eine Produktionsstätte für den lebensrettenden Wirkstoff Heparin entstehen, der Menschen vor Thrombosen und Embolien schützt, aber auch bei alltäglichen Verletzungen wie Prellungen und Blutergüssen Hilfe bietet. Als der derzeit größte Heparinhersteller gilt China. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben deutlich gemacht, dass es von Vorteil ist, sich auf eigene Kräfte in Europa zu besinnen und die Abhängigkeit vom Marktführer zu lockern. Ich verstecke erst gar nicht meinen lokalpatriotischen Stolz darauf, dass das hier geschieht. Ein gutes Produkt, das den Menschen nützt und lebensrettend sein kann, wird demnächst ein „Made in Luckenwalde“ tragen oder zumindest wird unsere Stadt als Absenderort im Frachtbrief erscheinen. Der Lokalpatriotismus findet seine Fortsetzung im Landespatriotismus, denn die Investition von HELAXA in Luckenwalde stärkt auch die Position Brandenburgs in der Gesundheitsbranche. Vor diesem Hintergrund erfüllt Luckenwalde die Erwartung an einen Regionalen Wachstumskern:

  • Ein Investitionsvolumen von 50 Millionen Euro wird bewegt.
  • Die Mitarbeiterzahl wird von aktuell 11 auf über 40 anwachsen.
  • Markt und das Absatzgebiet der Luckenwalder Produkte werden überregional und international sein.

Die Nutzung dieses Areals bedeutet auch ein Stück Stadtreparatur. Dieses Grundstück ist Teil eines ehemaligen Kriegsgefangenenlagers, das nach 1945 bis in die 1990er Jahre von den Weststreitkräften der Sowjetarmee militärisch genutzt wurde und nach deren Abzug als heruntergekommene Brache am Eingangstor der Stadt abschreckte. Der Erwerb der Fläche durch die Stadt, der Umgang mit einem Bodendenkmal, Kampfmittelberäumung, Abriss und Altlastenbeseitigung, die Planung und Entwicklung als Gewerbe- und Industriegebiet und seine Erschließung waren Herausforderungen, die die Stadt vorab bewältigt hatte. Hier konnten wir auf Förderung durch das Land und die EU zählen.

Bildung und frühkindliche Förderung in Luckenwalde

Die Entwicklung einer bedarfsgerechten Kitalandschaft ist und bleibt ein Marathonlauf, der 2012 begann. Seitdem haben sich alle Stadtverordnetenversammlungen dafür engagiert und den millionenschweren Investitionen in den städtischen Haushalten Jahr für Jahr Priorität eingeräumt. Diese langjährig kontinuierlich verfolgte Strategie, um neben Qualitätszugewinn zusätzliche 250 Betreuungsplätze zu schaffen, kann inzwischen sichtbare Etappenerfolge vorweisen: Fast alle Bestandskitas sind mittlerweile saniert und auf zeitgemäßen Standard gebracht worden, der den Kindern ein anregendes Umfeld und den Erziehern gute Rahmenbedingungen bietet. Da, wo es möglich ist, ist angebaut worden, um die Platzkapazität zu erhöhen. Für die Kita „Menschenskinder“ und die Eltern-Kind-Gruppe „Spieloase“ wurden Räume angemietet und bedarfsgerecht umgebaut. Die evangelische Kita und der Hort Glückskinder haben in zwei maßgeschneiderten Neubauten ihr Zuhause gefunden. Als letzter Kraftakt ist es jetzt noch erforderlich, die Kita Am Weichpfuhl innen und außen auf die Bedürfnisse von Krippen- und Kindergartenkindern auszurichten und dabei weitere Plätze für diesen Altersbereich zu schaffen. Das soll in drei Bauabschnitten geschehen. Trotz knapper Haushaltskasse hat die Stadtverordnetenversammlung auf ihrer Beratung am 10. Dezember mit großer Mehrheit beschlossen, die dafür erforderlichen Millionen bereitzustellen, um das Bauvorhaben zügig bis 2026 zu vollenden.

Bürgernähe in Luckenwalde

Im modernisierten „alten“ Rathaus ist erstmalig ein Bürgerbüro entstanden. Mit und ohne Terminvereinbarungen können in einem eigens eingerichteten, gut zugänglichen Bereich 74 Dienstleistungen abgerufen werden von A wie Adressdaten ändern lassen bis Z wie Zweitpass beantragen – und G wie gelbe Säcke gibt´s natürlich auch.

Erstmalig wurde das BürgerBudget-Verfahren erprobt. 32 von der Bürgerschaft eingebrachte Vorschläge standen in diesem Jahr zur Auswahl, wie das Budget von insgesamt 45.000 Euro im Interesse des Allgemeinwohls verwendet werden sollte. Und 1.400 Luckenwalderinnen und Luckenwalder machten mit. Sie entschieden, dass der Dorfteich in Frankenfelde von Schilf befreit werden soll, dass für das Schützenfestjubiläum im nächsten Jahr ein großes Festzelt angemietet werden kann und dass Bäume an Straßen und auf Kita- und Schulgelände gepflanzt werden. Auch für die Anschaffung einer Märchenjurte im Tierpark wird ein Zuschuss bereitgestellt.   

Unbeschwertheit in Luckenwalde

Unsere Jüngsten können sich über zwei neue Spielplätze freuen. Die dafür Verantwortlichen in der Stadtverwaltung haben den Anspruch, dass jede neu gestaltete Anlage mit etwas ganz Besonderem aufwarten soll. Schon bevor Kinderbeteiligung zum gesetzlichen Auftrag wurde, war es für sie selbstverständlich, diejenigen um Rat zu fragen, die die eigentlichen Experten sind. So wählten Schülerinnen und Schüler der Ebert-Schule für die gegenüberliegende Anlage an der Grünstraße ein Trampolin aus. Die Einfassung des Platzes erfolgte mit zuvor an anderer Stelle groß gezogenen Bäumen, die fachmännisch „umgetopft“ wurden und jetzt wohltuenden Schatten spenden.

Für den Spielplatz im Weichpfuhlpark wurde in die Sachkunde von Glückskindern aus dem benachbarten Hort vertraut. Sie entschieden sich für ein Feuerwehrfahrzeug in Originalgröße. Wie sehr sie damit ins Schwarze trafen, zeigte sich bereits bei der Einweihung. Über 40 Kinder fanden gleichzeitig heraus, auf wie viele unterschiedliche Arten das Auto zu bespielen ist. Großzügige Spenden der Stadtwerke und des Unternehmens Rosenbauer stockten die städtischen Mittel so auf, dass die Anschaffung möglich wurde.

Aber auch „große Kinder“ haben im vergangenen Jahr ihren Spielplatz entdeckt. Das auf der Nuthe-Promenade angelegte Boule-Feld lädt in ungezwungener Atmosphäre dazu ein, auf andere Menschen zu treffen, den Umgang mit Kugeln und Schweinchen auszuprobieren, sich im Wettbewerb zu messen, ins Gespräch zu kommen, Bekanntschaften zu schließen und sich auf ein nächstes Mal und ein Gläschen zu verabreden. Wer hätte das gedacht: französische Lebensart im märkischen Sand – Chapeau!

Ich würde mich freuen, wenn Sie anhand dieser Schlaglichter auf 2024 meine Einschätzung teilen, dass wir uns in Luckenwalde auf unsere eigene Kraft besonnen haben und Gutes bewirken konnten. Selbst wenn nicht alles geglückt ist oder länger braucht als ursprünglich geplant, trübt das den Gesamteindruck nicht. Die noch offenen Baustellen werden neben Neuvorhaben ganz selbstverständlich auf die „To-do-Liste 2025“ gesetzt und abgearbeitet. 

Bevor wir dafür die Ärmel hochkrempeln, wünsche ich Ihnen, dass Sie die Weihnachtstage und den Jahresausklang als Verschnaufpause und fröhliche Zeit genießen können im Kreis der Menschen, die Ihnen nahe sind.

Falls Sie noch in Festvorbereitungen stecken und nicht wissen, was auf den Tisch kommen soll, so kann ich Ihnen vielleicht mit einem alten Frankfurter Hausrezept von Frau Katharina Elisabeth Goethe (1731 – 1808) weiterhelfen, das mir auch im Jahr 2025 noch sehr bekömmlich erscheint:

„Man nehme 12 Monate,
putze sie sauber von Neid, Bitterkeit, Geiz und Pedanterie,
zerlege sie in 30 oder 31 Teile, so dass der Vorrat für ein Jahr reicht.
Jeder Tag wird einzeln angerichtet
aus 1 Teil Arbeit und 2 Teilen Frohsinn und Humor.
Man füge 3 gehäufte Esslöffel Optimismus hinzu,
1 Teelöffel Toleranz
1 Körnchen Ironie
Und 1 Prise Takt.
Dann wird die Masse mit sehr viel Liebe übergossen.
Das fertige Gericht schmücke man mit Sträußchen kleiner Aufmerksamkeiten
Und serviere es täglich mit Heiterkeit“.

 

Ihre Bürgermeisterin

Elisabeth Herzog-von der Heide

 

Seite drucken | Autor: Elisabeth Herzog-von der Heide | zuletzt geändert am: 02.01.2025